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Arbeitgeber bleibt an fehlerhaft gewähltes späteres Beendigungsdatum im Kündigungsschreiben gebunden

Urteil des LAG Hamm v. 16.06.2021 (10 Sa 122/21) - Arbeitgeber bleibt an fehlerhaft gewähltes späteres Beendigungsdatum im Kündigungsschreiben gebunden

Erklärt ein Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung „fristgerecht zum nächstmöglichen Termin“ und nennt dabei aber zusätzlich ein konkretes Beendigungsdatum mit versehentlich zu langer Kündigungsfrist, kommt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur zu dem angegebenen Termin in Betracht.

Das entschied das LAG Hamm mit Urteil vom 16.6.2021 in einem Streit um die einzuhaltende Kündigungsfrist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei einer Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt und ohne weiteren Zusatz der – wenn auch fälschlich – gewählte spätere Beendigungstermin maßgeblich. Denn nach Auffassung des BAG ist es nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte.

Nach dem Arbeitsverhältnis der Parteien galt die gesetzliche Kündigungsfrist. Wegen eines Diebstahlsvorwurfs hatte die private Arbeitgeberin am 14.2.2020 gegenüber der klagenden Haushaltshilfe eine fristlose und – hilfsweise – eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, letztere mit den Worten „hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30. April 2020“. Die fristlose Kündigung hatte sich als unwirksam erwiesen.

Nach der neueren Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 11.6.2020, 2 AZR 660/19) finden die gemäß § 622 Abs. 2 BGB verlängerten Kündigungsfristen in privaten Haushalten keine Anwendung. Demzufolge waren im konkreten Fall die vier Wochen zum 15.3.2020 die nach dem Gesetz einzuhaltende Kündigungsfrist.

Die Klägerin war der Auffassung, dass die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nur so ausgelegt werden könne, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30.4.2020 beendet würde.

Die Arbeitgeberin argumentierte mit einer ungerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber Arbeitgebern, die allein fristlos kündigen und deren Kündigungsschreiben dann nach der Rechtsprechung des BAG in eine ordentliche Kündigung zum korrekten Termin umgedeutet würde.

Das LAG hingegen verwies auf die explizite Benennung des Datums als dem bei der Auslegung entscheidenden Aspekt. Im Rahmen der Auslegung einer Kündigung seien stets der präzise Wortlaut, die Begleitumstände und der konkrete Einzelfall zu berücksichtigen.

Die Beklagte habe ausdrücklich den 30. April 2020 als den nächstmöglichen Kündigungstermin genannt. Damit unterscheide sich der vorliegende Fall im entscheidenden Punkt von den Kündigungsschreiben, in denen gerade kein Datum genannt werde. Wo kein Kündigungsdatum genannt sei, könne weder eine berichtigte Fehlvorstellung der

Arbeitnehmerin noch ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Erklärung der Arbeitgeberin entstehen. Sei hingegen ein Datum genannt, könne dies nicht später wieder revidiert werden. Dies sei mit dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sowie der Konzeption des Arbeitsrechts als Arbeitnehmerschutzrecht nicht in Einklang zu bringen.

Fazit: Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt zulässig, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert (BAG Urteil vom 10.4.2014 – 2 AZR 647/13). Bei dieser Formulierung ergibt sich der zutreffende Beendigungszeitpunkt aus dem Arbeitsvertrag beziehungsweise den tariflichen oder gesetzlichen Bestimmungen. Es genügt, wenn das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß abgewickelt wird. Die ausdrückliche Bezeichnung des Kündigungstermins im Kündigungsschreiben ist in der Regel rechtlich entbehrlich und für den Arbeitgeber somit nicht vorteilhaft.

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