Fachartikel
Arbeitgeberhaftung und Grippeschutzimpfung durch Betriebsarzt

BAG v. 21.12.2017 (8 AZR 853/16)

Die Haftung von Betriebsärzten ist in der Diskussion.  Es wird nach Entwicklung des Impfstoffes gegen das Coronavirus auch für den Arbeitgeber, der Impfungen in seinem Betrieb ermöglicht, bedeutsam. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des BAG vom 21.12.2017.

 

In dem zu Grunde liegenden Fall waren „interessierte Mitarbeiter“ durch einen von einer Betriebsärztin unterzeichneten Aufruf zur Teilnahme an einer Grippeschutzimpfung im Betrieb des Arbeitgebers eingeladen worden, deren Kosten der Arbeitgeber übernahm.

 

Die Betriebsärztin war freiberuflich bei dem beklagten Arbeitgeber tätig. Die Klägerin, eine Controllerin, war dem Aufruf gefolgt. Die anschließende Impfung wurde während der Arbeitszeit ohne Behandlungsfehler von der Betriebsärztin durchgeführt. Die Klägerin machte Folgeschäden und Folgeerkrankungen geltend, die ihre Erwerbsfähigkeit beeinträchtigten. Sie verlangte von ihrem Arbeitgeber Schadensersatz und Schmerzensgeld. Sie war der Auffassung, der Arbeitgeber hafte für den erlittenen Schaden, weil sie vor der Durchführung der Schutzimpfung nicht über mögliche Folgeschäden aufgeklärt worden sei. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie die angebotene Impfung im Betrieb nicht durchführen lassen.

 

Das BAG hat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Dieses Urteil hat Auswirkungen für die Praxis, sollte der neue Impfstoff gegen das Coronavirus bei Impfungen durch Betriebsärzte zum Einsatz kommen.

 

Im vorliegenden Fall verneinte das BAG einen Behandlungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber. Eine Grippeschutzimpfung sei Gegenstand allgemeine Gesundheitsvorsorge und treffe jeden Arbeitnehmer als Individuum. Die Klägerin habe das Angebot der Impfung von der Betriebsärztin als von dieser im eigenen Namen und in eigener Verantwortung zu erbringende Leistung angenommen. Die Bestellung zum Betriebsarzt führe nicht zu der Annahme, dass die Tätigkeit in einem Anstellungsverhältnis zum Arbeitgeber erbracht werde. Das BAG stellte weiterhin fest, dass auch eine Verletzung von Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag nicht in Betracht komme. Der Arbeitgeber habe keine Aufklärungspflichten bezüglich der Risiken einer Grippeschutzimpfung, auch wenn er die Möglichkeit gewähre, dass durch die Betriebsärztin eine Impfung in seinem Betrieb durchgeführt werden.

Allerdings gab das BAG zu bedenken:

Zwar habe der Arbeitgeber dadurch, dass er seine Beschäftigten und damit auch der Klägerin es ermöglicht habe, sich durch die Betriebsärztin in seinem Betrieb gegen Grippe impfen zu lassen, eine Gefahrenquelle geschaffen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die mit der Grippeschutzimpfung verbundenen typischen Risiken für die Gesundheit der Beschäftigten verwirklichen würden. Aufgrund dessen sei der Arbeitgeber allerdings nur zur ordnungsgemäßen Auswahl der die Impfung durchführenden Person verpflichtet. Weitergehende Verpflichtungen bestünden nicht. Insbesondere sei der Arbeitgeber nicht zur Überwachung der Betriebsärztin bei der Ausführung der Grippeschutzimpfung verpflichtet.

 

“Sorgfältige Arbeitgeber werden aus dieser Entscheidung den Schluss ziehen, dass die sachlich sinnvolle – und auch für die Gesundheit der Beschäftigten geeignete – Schutzimpfung zwar weiterhin im Betrieb stattfindet, das aber die Verantwortlichkeiten hinreichend klargestellt werden“ (Kothe, jurisPR-ArbR 43/2018 Anm. 1).

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