Fachartikel
Haftungsprivileg des Arbeitgebers bei Personenschäden

BAG v. 28.11.2019 (8 AZR 35/19)

Die Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer unterscheidet sich von der zivilrechtlichen Haftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Nach § 823 BGB würde der Arbeitgeber für jeden Personenschaden seiner Beschäftigten, den er vorsätzlich oder fahrlässig zu vertreten hat, vollen Umfangs haften. Tatsächlich entfällt die Haftung in Folge gesetzlichen Haftungsausschluss weitgehend und wird auf die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften) verlagert.

 

So greift zu Gunsten des Arbeitgebers gegenüber dem Schadensersatzverlangen eines Beschäftigten, der infolge eines Versicherungsfalles (§ 7 SGB VII: Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten) einen Personenschaden erlitten hat, das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ein, es sei denn, der Arbeitgeber hat den Unfall vorsätzlich herbeigeführt oder dieser wäre auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 SGB VII versicherten Weg (Wegeunfall) eingetreten.

 

Das BAG hat mit Urteil vom 28.11.2019 – 8 AZR  35/19 – entschieden, dass der versicherte Weg regelmäßig mit Betreten des Betriebsgeländes endet. Ein dort erlittener Personenschaden begründet keinen Wegeunfall mehr, sondern stellt einen Arbeitsunfall dar.

 

Die Klägerin war bei der Beklagten, die ein Senioren-Pflegeheim betreibt, langjährig als Pflegefachkraft beschäftigt. Das Gebäude des Senioren-Pflegeheims hat zwei Eingänge, einen Haupt – und einen Nebeneingang. An beiden Eingängen befanden  sich Arbeitszeiterfassungsgeräte. Der Haupteingang war beleuchtet, der Nebeneingang nicht. Im Dezember 2016 erlitt die Klägerin kurz vor Arbeitsbeginn um etwa 7:30 Uhr einen Unfall auf einem Weg, der sich auf dem Betriebsgelände des Senioren-Pflegeheim befand und dort zum Nebeneingang führt. Es war noch dunkel, als sie ihr Fahrzeug auf einem Parkplatz außerhalb des Betriebsgeländes abstellte und sich zu Fuß zum Nebeneingang begab. Kurz bevor Sie diesen erreichte, rutschte sie auf dem Weg aus. Dabei erlitt sie eine Knöchelfraktur. Bei dem Unfall der Klägerin handelte es sich um einen Versicherungsfall im Sinne von  § 7 SGB VII.  Von ihrem Arbeitgeber verlangte  die Klägerin neben dem von der Berufsgenossenschaft gezahlten Verletztengeld Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz. Sie unterlag in allen Instanzen.

 

Das BAG entschied, dass die Verletzung der Klägerin für diese einen Arbeitsunfall und damit einen Versicherungsfall darstelle, weswegen sie Verletztengeld erhielt. Darüber hinaus bestehen aufgrund der Haftungseinschränkung keine weitergehenden Verpflichtungen für den Arbeitgeber. Denn der Unfall ereignete sich nicht auf einem versicherten Weg. Dies ist nach dem Urteil des BAG der mit der versicherten Tätigkeit zusammen hängende Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Ort der Tätigkeit ist in der Regel das gesamte Werksgelände. Der Weg nach dem Ort der Tätigkeit endet mit dem Durchreiten oder Durchfahren des Werkstores.

Auszeichnung der WirtschaftsWoche für die Hamburger Kanzlei Martens & Wieneke-Spohler als Top-Kanzlei für Arbeitsrecht in Hamburg.

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