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Keine Nachgewährung von Urlaubstagen bei Quarantäne wegen Coronainfektion

Urteil ArbG Bonn v. 07.07.2021 (2 Ca 504/21) - Keine Nachgewährung von Urlaubstagen bei Quarantäne wegen Coronainfektion

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden gemäß § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Sie sind vom Arbeitgeber nachzugewähren, wenn der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig ist.
Mit dieser nur auf den ersten Blick eindeutigen Rechtslage hatte sich das Arbeitsgericht Bonn in seinem Urteil vom 07.07.2021 auseinanderzusetzen. Zu prüfen war, ob ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung von Urlaubstagen auch bei einer Quarantäneanordnung aus Anlass der Corona Pandemie besteht.

Eine Arbeitnehmerin hatte ihren Arbeitgeber auf Nachgewährung von fünf Urlaubstagen verklagt. Ihr war für den Zeitraum vom 30.11.2020 bis zum 12.12.2020 Erholungsurlaub gewährt worden. Aufgrund einer Infektion mit dem Corona Virus musste sich die Arbeitnehmerin auf behördliche Anordnung in der Zeit vom 27.11.2020 bis zum 07.12.2020 in Quarantäne begeben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum nicht vor.

Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen.

Die Voraussetzungen von § 9 BUrlG für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit lagen nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Diese Regelung bestimme, dass bei einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitstage auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Die Klägerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen. Eine behördliche Quarantäneanordnung stehe einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich.

Eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus schied nach Auffassung des Gerichts aus. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit erfolge ausschließlich durch ärztliches Attest, denn eine Erkrankung mit dem Coronavirus führe nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit.

Infizierung bedeutet also nicht automatisch Arbeitsunfähigkeit. Arbeitnehmer tuen deshalb gut daran, sich bei einer Infektion während des Urlaubs die Arbeitsunfähigkeit gesondert durch ärztliches Attest bestätigen zu lassen. Die Bescheinigung muss dabei erkennen lassen, dass der ausstellende Arzt sich mit dem Begriff „Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit“ vertraut gemacht hat.

Bereits genehmigten Urlaub kann ein Arbeitnehmer nicht einseitig zurückgeben. Allerdings können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine Verschiebung der Urlaubstage verständigen. Da der Arbeitnehmer während des Urlaubs Urlaubsentgelt erhält, entfällt eine Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Das Urteil des ArbG Bonn ist nicht rechtskräftig. Im Falle einer Berufung eröffnen sich für die Arbeitnehmerin möglicherweise begründete Erfolgsaussichten, und zwar mit Blick auf ein Urteil des BGH vom 30.11.1978 (III ZT 43/77) zum damals geltenden Bundesseuchengesetz. Seinerzeit hatte der BGH die vom ArbG Bonn ausgeschlossene analoge Anwendung des § 9 BUrlG in Betracht gezogen.

Auszeichnung der WirtschaftsWoche für die Hamburger Kanzlei Martens & Wieneke-Spohler als Top-Kanzlei für Arbeitsrecht in Hamburg.

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