Wahlvorstand: Weiterbeschäftigung trotz Kündigung
Betriebliche Amtsträger genießen den Sonderkündigungsschutz nach §§ 15 KSchG, 103 BetrVG. Danach kommt eine Kündigung nur in Betracht, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen und der Betriebsrat der Kündigung zustimmt oder die fehlende Zustimmung durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung ersetzt wird. Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit der Übernahme des Amtes. Mitglieder eines Wahlvorstandes sind bereits nach 15 Abs. 3 KSchG ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung gegen Kündigungen des Arbeitgebers geschützt.
Diese Rechtslage ist derart eindeutig, dass im Falle eines Wahlvorstandes von einer „offensichtlichen Unwirksamkeit“ der Kündigung gesprochen werden kann, wenn es an der Zustimmung fehlt und diese nicht ersetzt ist.
So verhielt es sich im Falle des Beschäftigten eines Berliner Kurierdienstes. In dem Betrieb war es zur Organisation von Streikmaßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gekommen. Zahlreiche Kündigungen waren die Folge. Auch dem Kläger war die Teilnahme an einem illegalen Streik vorgeworfen worden. Zugleich mit der Kündigungsschutzklage machte er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur ausstehenden Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Kündigung geltend. Das LAG gab ihm Recht und stellte fest:
Es sei von einer offensichtlichen Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auszugehen. Der Arbeitnehmer sei zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des Wahlvorstands gewesen und werde damit von dem besonderen Kündigungsschutz erfasst. Die aufgrund des Sonderkündigungsschutzes für eine Kündigung nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderliche vorherige gerichtliche Zustimmungsersetzung liege nicht vor. Da von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei, bestehe ein Anspruch auf Beschäftigung. Dieser Anspruch sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbar, da das Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung sonst durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren sei und andererseits kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung eines offensichtlich rechtswidrigen Zustandes bestehe. Ausgehend hiervon überwiege im Hinblick auf den Zweck des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers.
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