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Kündigung wegen Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel

Urteil des LAG Düsseldorf v. 14.01.2021 (5 Sa 483/20): Kündigung wegen Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel

Die Entwendung auch nur geringwertiger Gegenstände rechtfertigt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Regel eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung. Der Arbeitnehmer bricht durch die Eigentumsverletzung in erheblicher Weise das Vertrauen des Arbeitgebers. Die Höhe des Schadens ist dagegen von untergeordneter Bedeutung. Allerdings genügt für eine wirksame Kündigung ein im Allgemeinen ausreichender wichtiger Grund nicht. Die Kündigung muss vielmehr nach § 626 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen sein.

Über einen solchen Fall hat das LAG Düsseldorf aktuell mit Urteil vom 14.01.2021 (5 Sa 483/20) entschieden:

Der Kläger war langjährig bei der Beklagten, einem Paketzustellunternehmen, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Die Wäsche der Wagen erfolgte in Nachtschicht mit 6-7 Kollegen. Zu Beginn der Coronakrise fand der Werkschutz bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle im Kofferraum des Klägers eine Handtuch-Rolle sowie eine nicht angebrochene Plastikflasche mit 1 l Desinfektionsmittel im Wert von circa 40 €. Bei der Beklagten war es wiederholt zum Diebstahl von Desinfektionsmitteln aus den Waschräumen gekommen.

Die anschließende fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber wurde vom LAG bestätigt.

Der Kläger machte mit seiner Klage geltend, er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Nur deshalb habe er das Mittel im Kofferraum seines Wagens gelagert. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen nicht mehr gedacht. Er habe keine Diebstahlsabsicht gehabt und benötige das Desinfektionsmittel auch nicht, da seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie mit derartigen Mitteln ausreichend versorgt sei. Der Arbeitgeber hatte mit Aushängen darauf hingewiesen, dass die Mitnahme von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Das LAG hielt die Einlassungen des Klägers für nicht glaubhaft. Es ging davon aus, dass der Kläger das Infektionsmittel genommen habe, um es selbst zu verbrauchen. Der Kläger hätte das Desinfektionsmittel auf seinen Materialwagen am Arbeitsplatz stellen können. Zudem sei die Flasche nicht angebrochen gewesen, er konnte sie also nicht benutzt haben. Belastend kam hinzu, dass er seinen Kollegen weder über das Desinfektionsmittel in seinem Kofferraum informiert noch Ihnen den dortigen Zugang ermöglicht hatte.

Auch in Ansehung der langen Beschäftigungszeit sei keine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen, urteilte das LAG. Der Kläger habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware waren und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen.

Insgesamt fiel die Interessenabwägung angesichts aller Umstände zulasten des Klägers aus. Seine lange Betriebszugehörigkeit konnte ihn nicht retten, da er sämtliches Vertrauen verspielt hatte.

Auszeichnung der WirtschaftsWoche für die Hamburger Kanzlei Martens & Wieneke-Spohler als Top-Kanzlei für Arbeitsrecht in Hamburg.

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