Kurzarbeit, Annahmeverzug und Urlaubsabgeltung

Klage wg. Vergütungsdifferenz & Urlaubsabgeltung

Ein Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Sa 154/22 vom 23.05.2023) zeigt, wie sorgfältig Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Einführung von Kurzarbeit sein müssen, um später rechtliche Konflikte zu vermeiden. 

Die Urteilsbesprechung des vorliegenden Falls übernimmt unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Wieneke-Spohler.

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Fachanwalt
Christian Wieneke-Spohler

Einordnung

Der vorliegende Fall berührt mehrere Kernaspekte des deutschen Arbeitsrechts: Kurzarbeit, Annahmeverzug und Urlaubsabgeltung. Diese Konzepte sind im Kontext des Arbeitsvertragsrechts zu betrachten, insbesondere im Lichte der §§ 611a, 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG).

Eine rechtlich korrekte Anordnung von Kurzarbeit kann die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers reduzieren, was Einfluss auf den Lohnanspruch hat. Dies ist im BGB und im Sozialgesetzbuch III geregelt. Kurzarbeit muss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden und bedarf einer rechtlichen Grundlage. 

§ 615 BGB regelt den Annahmeverzug. Wenn der Arbeitnehmer zur Arbeit bereit ist, der Arbeitgeber die Arbeit aber nicht annimmt, befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug. Der Arbeitnehmer behält in diesem Fall seinen Vergütungsanspruch, ohne eine Nachleistung erbringen zu müssen. 

Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG besteht ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, wenn dieser wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Dies setzt einen offenen Urlaubsanspruch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus.

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein Koch, war seit Juli 2021 in einem Restaurant beschäftigt. Im November 2021 wies der Arbeitgeber auf die Notwendigkeit von Kurzarbeit hin. Der Kläger machte Vergütungsdifferenzen für Dezember 2021, Januar und Februar 2022 sowie Urlaubsabgeltung geltend. Er argumentierte, dass keine wirksame Vereinbarung zur Kurzarbeit vorlag und dass er der Kurzarbeit nicht zugestimmt habe. Zudem behauptete er, für bestimmte Zeiträume gearbeitet zu haben und forderte die Abgeltung von sechs nicht genommenen Urlaubstagen.

„Das Urteil zeigt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen bei der Einführung von Kurzarbeit sorgfältig vorgehen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden.“

Das LAG-Urteil

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2. Kammer entschied teilweise zugunsten des Klägers. Es wies darauf hin, dass für einen Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs ein tatsächliches oder zumindest wörtliches Arbeitsangebot erforderlich ist. Da der Kläger gegen die Anordnung der Kurzarbeit nicht protestierte oder seine Arbeitsleistung ausdrücklich anbot, wurde kein Annahmeverzug festgestellt.

Die geleistete Arbeit während der Kurzarbeit wurde entsprechend der Stundenzettel vergütet.

Bezüglich der Urlaubsabgeltung stellte das Gericht fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung von sechs Urlaubstagen hatte. Dies basierte auf der Beweisaufnahme und der Feststellung, dass der Kläger in dem relevanten Zeitraum gearbeitet und keinen Urlaub genommen hatte. Die Abgeltung wurde in der berechneten Höhe von 636,96 € brutto zugesprochen.

Unser Fazit

Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer Vereinbarungen über Kurzarbeit sowie die Notwendigkeit eines ausdrücklichen Arbeitsangebots des Arbeitnehmers, um Annahmeverzug geltend zu machen. Nur ausnahmsweise kann ein solches Arbeitsangebot des Arbeitnehmers unterbleiben. 

Für die Praxis bedeutet dies, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Einführung von Kurzarbeit sorgfältig vorgehen müssen, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Zudem verdeutlicht der Fall die Wichtigkeit einer korrekten Handhabung von Urlaubsansprüchen und deren Abgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

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