Urlaubsberechnung bei Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit

Betriebsschlosser fordert Abgeltung von Urlaub

Der Urlaubsanspruch wird anhand der Arbeitstage berechnet, für Kurzarbeit „null“ (Tage ohne Arbeitspflicht) wird der Urlaubsanspruch also angepasst. Doch was gilt bei Arbeitsunfähigkeit, wenn diese für den  Wegfall der Arbeitspflicht verantwortlich ist? Der Kläger forderte trotz Krankheit und Kurzarbeit Abgeltung seines Urlaubsanspruchs. 

Die Besprechung des Falls übernimmt unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Kai Höppner.

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Fachanwalt
Kai Höppner

Datum

05.12.2023

Aktenzeichen

9 AZR 364/22

Gericht

Bundesarbeitsgericht

Rechtlicher Rahmen

Der hier betrachtete Fall befasst sich mit den Auswirkungen von Kurzarbeit „null“ auf den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der während dieses Zeitraums erkrankt. Zentral ist die Anwendung des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG), insbesondere § 3 Abs. 1 BUrlG, der die Berechnung des Urlaubsanspruchs auf Basis der Tage mit Arbeitspflicht vorsieht.

Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Urlaubsdauer proportional zur tatsächlichen Arbeitspflicht des Arbeitnehmers im Bezugszeitraum zu berechnen ist. Für Zeiten der Kurzarbeit „null“, in denen keine Arbeitspflicht besteht, ergibt sich daher eine Anpassung des Urlaubsanspruchs. Dies reflektiert das Prinzip, dass der Urlaubsanspruch an die geleistete Arbeit gekoppelt ist. 

Die Gerichtsentscheidung stützt sich auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Urlaubsansprüchen, wonach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht von der Berechnung des Urlaubsanspruchs ausgenommen werden dürfen, sofern die Arbeitsunfähigkeit kausal für den Wegfall der Arbeitspflicht war.

Die Erkrankung eines Arbeitnehmers ändert nichts an der durch Kurzarbeit ‚null‘ geänderten Verteilung der Arbeitszeit und entsprechend nichts am reduzierten Urlaubsanspruch.

Der Sachverhalt

Der Kläger, ein ehemaliger Mitarbeiter einer Betriebsschlosserei, forderte die Abgeltung von 15 Arbeitstagen gesetzlichen Mindesturlaubs für das Jahr 2020, während der er aufgrund der COVID-19-Pandemie zeitweise krankgeschrieben und von April bis Dezember 2020 unter Kurzarbeit „null“ stand. Trotz seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit argumentierte der Kläger, dass ihm ein ungeminderter Urlaubsanspruch zustehe, da die Zeiten der Krankheit wie reguläre Arbeitszeit behandelt werden müssten.

Das Urteil

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, die einen reduzierten Urlaubsanspruch aufgrund der Kurzarbeit „null“ anerkannten.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass für die Berechnung des Urlaubsanspruchs nur die Tage mit tatsächlicher Arbeitspflicht heranzuziehen sind. Da während der Kurzarbeit „null“ keine Arbeitspflicht bestand, verringerte sich entsprechend der Urlaubsanspruch. Die Erkrankung des Klägers änderte nichts an der durch die Kurzarbeit geänderten Verteilung der Arbeitszeit und infolgedessen nichts am reduzierten Urlaubsanspruch.

Diese Entscheidung basiert auf einer Auslegung des BUrlG sowie der Berücksichtigung einschlägiger EuGH-Rechtsprechung, die bestätigt, dass die grundlegenden Prinzipien des Urlaubsrechts auch bei Kurzarbeit „null“ ihre Gültigkeit behalten.

Bei Kurzarbeit ‚null‘ sind die ausgefallenen Arbeitstage nicht automatisch als Tage mit Arbeitspflicht bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen, was die enge Verknüpfung zwischen Arbeitsleistung und Urlaubsanspruch unterstreicht.

Unser Fazit

Dieses Urteil verdeutlicht die Rechtsauffassung, dass bei Kurzarbeit „null“ die ausgefallenen Arbeitstage nicht automatisch als Tage mit Arbeitspflicht für die Berechnung des Urlaubsanspruchs angesehen werden können.

Die Entscheidung stärkt die Anwendung des Grundsatzes, dass der Urlaubsanspruch an die tatsächliche Arbeitsleistung gekoppelt ist und bestätigt die Rechtsprechung zur Anpassung des Urlaubsanspruchs bei Änderungen der Arbeitspflicht, wie sie durch Kurzarbeit „null“ entstehen.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen demnach berücksichtigen, dass Zeiten der Kurzarbeit „null“ den Urlaubsanspruch entsprechend reduzieren, was insbesondere in Krisenzeiten wie einer Pandemie von Relevanz ist.

 Dieses Urteil könnte als Präzedenzfall für ähnliche Fälle dienen und unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren Regelung und Kommunikation bezüglich Kurzarbeit und dessen Auswirkungen auf Arbeitnehmerrechte.

Weiterführende Links

An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten.

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