Umstrukturierung am Arbeitsplatz

Chancen, Rechte & Pflichten für Arbeitgeber, Arbeitnehmer & Betriebsrat

Umstrukturierungen stellen oft eine Herausforderung für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte dar. In diesem Artikel beleuchten unsere Hamburger Fachanwälte für Arbeitsrecht, Christian Wieneke-Spohler und Kai Höppner, die wirtschaftlichen Gründe für Umstrukturierungen sowie deren Auswirkungen auf Mitarbeiter und Unternehmenskultur.

Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt
Christian Wieneke-Spohler
Portraitfoto von Kai Höppner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Fachanwalt
Kai Höppner

Das Wichtigste in Kürze

  • Umstrukturierungen betreffen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsrat gleichermaßen und erfordern klare Kommunikation und Transparenz. 
  • Arbeitnehmer sollten die Chancen nutzen, die sich aus neuen Aufgaben und Perspektiven ergeben, trotz der damit verbundenen Unsicherheiten. 
  • Arbeitgeber müssen gesetzliche Vorschriften einhalten und die Belegschaft frühzeitig einbinden. 
  • Der Betriebsrat hat Rechte und Pflichten, wie die Mitbestimmung und Anhörung. Diese gewährleisten eine rechtssichere und sozialverträgliche Umstrukturierung. 
  • Eine konstruktive, zukunftsorientierte Zusammenarbeit hilft, sowohl Herausforderungen als auch Chancen einer Umstrukturierung zu nutzen. 

Warum Unternehmen sich neu aufstellen 

Wirtschaftlichen und strategischen Gründe für Umstrukturierungen 

Unternehmen entscheiden sich häufig für eine Umstrukturierung, um auf wirtschaftliche Herausforderungen oder Marktveränderungen zu reagieren. Solche Maßnahmen können notwendig sein, wenn:

  • Kostensenkungen erforderlich sind
  • Effizienzsteigerungen angestrebt werden
  • Neue Technologien eingeführt werden
  • Fusionen und Übernahmen stattfinden
  • Marktbedingungen sich verändern

Proaktive Umstrukturierungen zielen darauf ab, Chancen im Markt frühzeitig zu erkennen und zu nutzen. Reaktive Umstrukturierungen hingegen erfolgen als Antwort auf bereits eingetretene Probleme wie Umsatzrückgänge oder steigende Kosten (§ 111 BetrVG – Betriebsverfassungsgesetz).

Umstrukturierung und die Mitarbeiter

Folgen für das bestehende Arbeitsverhältnis

Eine „personelle Umstrukturierung“ kann verschiedene Änderungen im Arbeitsverhältnis mit sich bringen, darunter: 

  • Versetzungen innerhalb des Unternehmens 
  • Änderungen der Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche 
  • Änderungskündigungen mit Angeboten über neue Vertragskonditionen
  • Betriebsbedingte Beendigungskündigung

Diese Maßnahmen müssen immer in Übereinstimmung mit rechtlichen Vorgaben und Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats durchgeführt werden (§§ 95 BetrVG, §§ 102 BetrVG).

Auswirkungen auf Mitarbeiter und Unternehmenskultur 

Umstrukturierungen beeinflussen das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber erheblich (§ 1 KSchG – Kündigungsschutzgesetz, § 102 BetrVG):

  • Jobunsicherheit: Arbeitnehmer können sich sorgenvoll fragen, ob ihr Arbeitsplatz gefährdet ist.
  • Veränderung der Arbeitsbedingungen: Neue Aufgabenbereiche oder geänderte Arbeitsabläufe können anfänglich Unsicherheit hervorrufen.
  • Motivation und Moral: Ein Mangel an klarer Kommunikation kann zu Misstrauen und verminderter Arbeitsmotivation führen.

Nur durch Transparenz, Mitbestimmung und eine konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten kann eine Umstrukturierung erfolgreich und sozialverträglich gestaltet werden

Rechte der Arbeitnehmer bei Umstrukturierungen 

Betriebsbedingte Kündigung: Was Arbeitnehmer wissen müssen 

Eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse, die einen Arbeitsplatzwegfall unvermeidlich machen. Die Voraussetzungen sind klar definiert: 

  • Der Arbeitsplatz muss tatsächlich entfallen. 
  • Es darf keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit geben
  • Eine Sozialauswahl ist vorzunehmen, um sicherzustellen, dass sozial schutzbedürftige Arbeitnehmer bevorzugt im Unternehmen bleiben. Hierbei kommen Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung zum Tragen. (§ 1 Abs. 2 KSchG) 

Der Ablauf einer betriebsbedingten Kündigung umfasst die schriftliche Mitteilung durch den Arbeitgeber, begleitet von einer umfassenden Begründung, warum und auf welcher Grundlage die Kündigung ausgesprochen wird.

Unsicherheit und Veränderungsängste gehören zu jeder Umstrukturierung. Doch jede Veränderung bietet auch die Möglichkeit, neue Perspektiven und Aufgaben zu entdecken.

Änderungskündigung: Rechte und Reaktionsmöglichkeiten 

Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis kündigt, aber gleichzeitig die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen anbietet. Arbeitnehmer haben hier mehrere Reaktionsmöglichkeiten: 

  • Annahme der geänderten Bedingungen. 
  • Ablehnung der Bedingungen (das Arbeitsverhältnis wird beendet). 
  • Zustimmung unter Vorbehalt (§ 2 KSchG)

Aufhebungsvertrag: Einbeziehung und Abschluss 

Ein Aufhebungsvertrag wird zwingend schriftlich (§ 623 BGB) zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen, um das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. 

  • Vorteile: Arbeitnehmer können die Bedingungen mitverhandeln, möglicherweise eine Abfindung vereinbaren und schneller eine neue Anstellung suchen. 
  • Nachteile: Es kann zu Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld kommen. Zudem entfällt hier der Kündigungsschutz.

Abfindung: Anspruch und Höhe 

Ein Abfindungsanspruch besteht nicht automatisch, kann aber Bestandteil eines Sozialplans oder eines ausgehandelten Aufhebungsvertrags sein. Wichtige Aspekte sind: 

  • Berechnung: oft nach der Formel „0,5 Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit“. 
  • Steuerliche Aspekte: Abfindungen können steuerlich begünstigt werden, dies sollte immer im Vorfeld geprüft werden. (gegebenenfalls § 34 EStG Außerordentliche Einkünfte)

Abfindungsrechner

Berechnen Sie Ihre mögliche aber nicht garantierte Abfindung. Die Kalkulation erfolgt mit dem üblichen Berechnungsfaktor von 0,5 (halber Monatsbruttolohn pro Beschäftigungsjahr).





Die Abfindung beträgt: 0,00 €

Kündigungsschutz für bestimmte Personengruppen 

Arbeitnehmer genießen einen umfassenden Kündigungsschutz, der insbesondere für folgende Gruppen gilt: 

Der Sozialplan im Kontext der Betriebsänderung 

Der Sozialplan dient dazu, individuelle, wirtschaftliche Nachteile aus einer Umstrukturierung auszugleichen. Er umfasst oft: 

  • Abfindungen
  • Übergangsgelder 
  • Umschulungen 
  • Versetzungen 

Die Verhandlung eines Sozialplans erfordert die Zusammenarbeit von Betriebsrat und Arbeitgeber. Der Anspruch eines jeden einzelnen Arbeitgebers besteht darin, dass die eigenen Interessen fair berücksichtigt werden. (§ 112 BetrVG)

Tipps für Arbeitnehmer bei einer Umstrukturierung​

Arbeitnehmer sollten nach Möglichkeit die folgenden Schritte berücksichtigen: 

  • Den Dialog mit dem Betriebsrat suchen
  • Sich von einem Rechtsexperten beraten lassen
  • Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen
  • Alle Schritte und Vereinbarungen sorgfältig dokumentieren (§§ 81, 82 BetrVG)

Aufhebungsvertrag: Einbeziehung und Abschluss 

Ein Aufhebungsvertrag wird zwingend schriftlich (§ 623 BGB) zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossen, um das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. 

  • Vorteile: Arbeitnehmer können die Bedingungen mitverhandeln, möglicherweise eine Abfindung vereinbaren und schneller eine neue Anstellung suchen. 
  • Nachteile: Es kann zu Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld kommen. Zudem entfällt hier der Kündigungsschutz.
Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Wandel liegt in der Transparenz und offenen Kommunikation zwischen Arbeitgebern, Betriebsrat und Mitarbeitern.

Arbeitgeber:  Darauf sollten Sie bei der Betriebsänderung besonders achten 

Arbeitgeber haben verschiedene Pflichten bei der Planung und Durchführung von Umstrukturierungen (§§ 102, 106 BetrVG). Dazu zählen: 

  • Erstellung eines Umstrukturierungsplans
  • Evaluation der Auswirkungen auf die Belegschaft
  • Regelmäßige Kommunikation mit allen Beteiligten. (§ 106 BetrVG)
  • Einbindung des Betriebsrats: Berücksichtigung der daraus resultierenden Vorschläge (§§ 111, 112, 113 BetrVG)
  • Information der Belegschaft: Grund, Ablauf und die Ziele der Umstrukturierung
  • Sozialverträgliche Umsetzung: Mögliche Spannungen minimieren. (§ 2 Abs. 1 BetrVG) 
  • Organisation und Durchführung: Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und betrieblicher Erfordernisse. 

Eine faire und rechtssichere Umstrukturierung ist entscheidend für den langfristigen Erfolg und das Wohl aller Mitarbeiter.

Kommunikation als Schlüsselelement für Arbeitgeber 

Klare und transparente Kommunikation ist ein wesentliches Element bei Umstrukturierungen. Arbeitgeber können durch offene und regelmäßige Informationsweitergabe erheblich dazu beitragen, Ängste zu mindern und die Akzeptanz der Maßnahmen zu erhöhen. (§ 2 Abs. 1 BetrVG)

  • Regelmäßige Informationsveranstaltungen und Meetings für die Belegschaft und den Betriebsrat
  • Ehrliche Antworten auf Fragen der Belegschaft
  • Einbeziehung von Feedback zur Verbesserung des Umgangs mit der Umstrukturierung
  • Schulungen für Führungskräfte und Personalverantwortliche, um sensibel und kompetent mit den Herausforderungen umzugehen 

Arbeitgeber müssen die rechtliche Compliance gewährleisten 

Bei Kündigungen und Vertragsänderungen empfiehlt sich eine rechtliche Überprüfung durch einen Arbeitgeber-Anwalt für Arbeitsrecht, um die Compliance sicherzustellen. Das gilt im Besonderen bei Themen Kündigungsschutz (§ 1 KSchG), Abfindung, Änderungskündigung (§ 2 KSchG) und Aufhebungsvertrag.

Betriebsrat: Wichtiger Partner bei Betriebsänderungen 

Der Betriebsrat spielt eine zentrale Rolle bei Umstrukturierungen und Betriebsänderungen. Seine Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz und zielen auf den Schutz der Arbeitnehmerinteressen. Dazu zählen die Mitbestimmung (§ 87 BetrVG) und die Anhörungspflicht bei Versetzung (§ 99 BetrVG) und Kündigungen (§ 102 BetrVG).

Strategien für eine effektive Betriebsratsarbeit (§ 112 BetrVG) 

Der Betriebsrat kann verschiedene Strategien anwenden, um die Umstrukturierung erfolgreich zu begleiten: 

  • Frühzeitige Einbindung in den Prozess, um proaktiv Einfluss nehmen zu können (§ 111 BetrVG). 
  • Externe Beratung durch Arbeitsrechtsexperten, um fundierte Entscheidungen zu treffen. 
  • Aktive Verhandlung von Sozialplänen, um wirtschaftliche Nachteile für die Mitarbeiter zu mindern (§ 112 BetrVG). 
  • Nutzung des Initiativrechts, um eigene Vorschläge oder alternative Lösungen einzubringen und durchzusetzen (§ 92a BetrVG).
  • Der Betriebsrat sollte regelmäßig über den Fortschritt und die Auswirkungen der Umstrukturierung informieren. (§ 2 Abs. 1 BetrVG).
  • Er hat das Recht, Kündigungen zu prüfen und gegebenenfalls zu widersprechen. (§ 102 BetrVG).
  • Zur Sicherung von Arbeitsplätzen sollte der Betriebsrat die Weiterbildung und Umschulung der Mitarbeiter fördern. Dies hilft, die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und den Mitarbeitern neue Perspektiven zu bieten (§§ 97, 98 BetrVG).
  • Alle Schritte und Vereinbarungen sollten sorgfältig dokumentiert werden. Dies dient als Basis für die Nachverfolgung und Compliance und gewährleistet Transparenz und Nachprüfbarkeit im gesamten Prozess.

Die Einbindung des Betriebsrats ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern ein wichtiger Schritt zur Schaffung von Vertrauen und sozialer Gerechtigkeit im Unternehmen.

Fazit unser Fachanwälte für Arbeitsrecht 

Umstrukturierungen bringen sowohl Herausforderungen als auch Chancen für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsrat mit sich. Das Ziel jeder Umstrukturierung sollte eine faire und rechtssichere Umgestaltung des Unternehmens sein. Jeder Beteiligte hat hierbei eine wichtige Rolle zu spielen, um die Veränderung erfolgreich zu meistern. 

Für Arbeitnehmer bietet eine Umstrukturierung die Möglichkeit zu neuen Aufgaben und Perspektiven, bringt aber auch Unsicherheit und Veränderungsängste mit sich. Arbeitgeber stehen vor der Herausforderung, betriebliche Notwendigkeiten mit den Interessen ihrer Mitarbeiter zu vereinbaren. Der Betriebsrat hat die anspruchsvolle Aufgabe, zwischen beiden Parteien zu vermitteln und für einen sozialverträglichen Ablauf zu sorgen.

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Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Christian Wieneke-Spohler
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