Kündigungsschutzklage

Das müssen Sie über die Kündigungsschutzklage wissen

Eine Kündigung löst oft große Unsicherheit und Sorgen aus. Besonders, wenn Arbeitnehmer sich ungerecht behandelt fühlen und ihre Existenz bedroht sehen. In diesem Leitfaden zur Kündigungsschutzklage erklären unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht, Christian Wieneke-Spohler und Kai Höppner, das Thema.

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Christian Wieneke-Spohler
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Kai Höppner

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Kündigungsschutzklage schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Entlassungen und klärt deren Rechtmäßigkeit.
  • Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden (Achtung: Zustellungsfrage ist oft strittig).
  • Sie ermöglicht die Aushandlung einer Abfindung, auch wenn kein gesetzlicher Anspruch besteht.
  • Kündigungsschutz greift in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern und nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit.
  • Von einer Kündigungsschutzklage ohne Anwalt sollte in den meisten Fällen abgesehen werden.

Kündigungsschutz vor willkürlicher Kündigung

Die Kündigungsschutzklage ist ein zentrales Instrument des deutschen Arbeitsrechts, mit dem Arbeitnehmer gegen eine – ihrer Meinung nach – ungerechtfertigte oder willkürliche Kündigung vorgehen können.

Ziel ist es, durch das Arbeitsgericht klären zu lassen, ob die ausgesprochene Kündigung den gesetzlichen Vorgaben entspricht oder aber unwirksam ist. Dabei geht es vordergründig um den Erhalt des Arbeitsplatzes, in vielen Fällen aber um die Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber.

Im Rahmen von Vergleichsverhandlungen kann zudem eine Abfindung ausgehandelt werden – wobei zu beachten ist, dass kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht (Ausnahme: Sonderregelungen, z. B. gemäß § 1a KSchG).

Der genaue Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung ist oft umstritten. Während die Frist bei persönlicher Übergabe sofort beginnt, können bei Zustellungen über den Briefkasten oder während des Urlaubs komplexe Streitfragen entstehen.

Voraussetzungen und Anwendungsbereich

Geltungsbereich des Kündigungsschutzes

Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern und erst nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten.

Auch Arbeitnehmer in kleineren Betrieben oder in der Wartezeit können Kündigungen anfechten, etwa wenn diese gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB verstoßen.

Das Gleiche gilt im Falle des Sonderkündigungsschutzes, beispielsweise bei Schwangerschaft oder anerkannter Schwerbehinderung.

Kündigungsarten

Eine Kündigung muss gemäß § 623 BGB immer schriftlich erfolgen. Mündliche Kündigungen oder solche per E-Mail sind unwirksam, sodass in diesen Fällen keine Kündigungsschutzklage notwendig ist, aber dennoch die Erhebung einer entsprechenden Feststellungsklage beim Arbeitsgericht empfehlenswert ist.

Arbeitnehmer können gegen verhaltens-, betriebs- oder personenbedingte Kündigungen vorgehen – ebenso, wenn etwa diskriminierende Gründe oder andere gesetzeswidrige Aspekte vorliegen.

Befristete Arbeitsverhältnisse

Eine Kündigungsschutzklage ist grundsätzlich auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen möglich, wenn der Arbeitgeber kündigt.

Soll die Unwirksamkeit der Befristung geltend gemacht werden, ist der Weg der Entfristungsklage (eigenständige Klage gemäß § 17 TzBfG) zu wählen. Diese ist vom Kündigungsschutzverfahren strikt zu unterscheiden.

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Fristen und Formvorschriften

Die Drei-Wochen-Frist

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden (§ 4 KSchG).

Der genaue Zeitpunkt des Zugangs ist oft umstritten. Wird die Kündigung persönlich übergeben, beginnt die Frist sofort. Wird sie beispielsweise in den Briefkasten eingeworfen, gilt sie in der Regel als zugegangen, sofern dies zu einer üblichen Tageszeit erfolgt.

Besondere Zustellungen – wie Einschreiben mit Rückschein (bei verzögerter Abholung) oder Kündigungen, die während des Urlaubs zugestellt werden – können zu weiteren Streitfragen führen.

Erforderliche Unterlagen und Formale Anforderungen

Für eine erfolgreiche Klage sollten alle relevanten Unterlagen gesammelt werden, darunter das Kündigungsschreiben, der Arbeitsvertrag, die letzte Lohnabrechnung und weitere Beweismittel.

Liegt ein Sonderkündigungsschutz vor (z. B. bei Schwangerschaft, Schwerbehinderung), müssen auch die entsprechenden Nachweise beigefügt werden.

Die Klagebegründung muss präzise darlegen, warum die Kündigung als unwirksam angesehen wird – es reicht nicht, pauschal Ungerechtigkeit zu behaupten, sondern konkrete Mängel oder gesetzliche Verstöße müssen aufgezeigt werden.

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden. 

Ablauf des Kündigungsschutzverfahrens

Klageeinreichung

Arbeitnehmer können die Kündigungsschutzklage selbstständig und ohne Anwalt beim Arbeitsgericht einreichen – schriftlich oder zur Niederschrift (§ 46 ArbGG i. V. m. § 253 ZPO).

Auch wenn eine Selbstvertretung, also die Kündigungsschutzklage ohne Anwalt möglich ist, wird dringend zur Konsultation eines Fachanwalts geraten. Dies gilt insbesondere bei Fragen zum Zeitpunkt der Zustellung und der Fristberechnung.

Gerichtliche Verfahrensschritte

Gütetermin

Etwa drei Wochen nach der Klageeinreichung findet der Gütetermin statt, in dem versucht wird, eine einvernehmliche Lösung zu finden und erste Einschätzungen der Erfolgsaussichten vorzunehmen.

Kammertermin und Urteil

Falls beim Gütetermin keine Einigung erzielt wird, folgt ein Kammertermin. Der Kammertermin findet in der Regel zwischen drei und sechs Monaten nach der Klageeinreichung statt.

Im Kammertermin sitzen neben dem Berufsrichter zwei ehrenamtliche Richter – ein Arbeitnehmer- und ein Arbeitgebervertreter – und es wird das abschließende Urteil verkündet, wenn nicht doch noch eine Einigung erzielt werden kann.

Besondere Verfahrenssituationen

Rücknahme/Anerkennung der Kündigung durch den Arbeitgeber

Reagiert der Arbeitgeber auf die Klageeinreichung, indem er die Kündigung zurücknimmt oder den Klageantrag anerkennt, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sofort wieder seine Arbeit aufzunehmen.

Unterbleibt dies, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen oder eine erneute fristlose Kündigung. Sollte jedoch keine Wiederaufnahme gewünscht werden, kann der Arbeitnehmer weiterhin auf einen Vergleich mit entsprechenden Abfindungsangeboten hinarbeiten.

Eigenkündigung während des Verfahrens

Eine Eigenkündigung während des laufenden Prozesses – etwa weil die Kündigungsfrist des Arbeitgebers länger ist als die des Arbeitnehmers – führt in der Regel dazu, dass die ursprüngliche Kündigung wirksam wird. Dies gefährdet insbesondere die Verhandlungsposition im Hinblick auf mögliche Abfindungsansprüche.

Falls ein Arbeitnehmer die Kosten des Verfahrens nicht tragen kann, kann Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt werden. Diese Unterstützung richtet sich nach den finanziellen Verhältnissen des Klägers. Die  Prozesskostenhilfe deckt aber nicht zwangsläufig alle Kosten ab.

Mögliche Ergebnisse und Konsequenzen

Urteil zugunsten des Arbeitnehmers

  • Fortbestand des Arbeitsverhältnisses: Wird die Kündigung für unwirksam erklärt, bleibt das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen bestehen, sodass der Arbeitnehmer seine Arbeit wieder aufnehmen kann.
  • Auflösungsantrag: Ist eine Weiterbeschäftigung für den Arbeitnehmer unzumutbar, kann ein Auflösungsantrag gemäß § 9 KSchG gestellt werden. In diesem Fall spricht das Gericht eine Abfindung zu.
  • Verzugslohn: Tritt zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und dem obsiegenden Urteil eine Unterbrechung ein, muss der Arbeitgeber den sogenannten Verzugslohn zahlen – also den Lohn, den der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erhalten hätte.
  • Weitere Ansprüche: Neben dem Verzugslohn können zusätzliche Ansprüche (z. B. auf Weihnachtsgeld, Urlaub oder vertraglich vereinbarte Zusatzleistungen wie die Nutzung eines Firmenwagens) geltend gemacht werden.

Urteil zugunsten des Arbeitgebers

Entscheidet das Gericht zugunsten des Arbeitgebers, bleibt die Kündigung wirksam. In diesem Fall verliert der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz und muss mit weiteren Konsequenzen wie Sperrzeiten beim Arbeitslosengeldbezug rechnen.

Vergleichsoptionen und Sonderkonditionen

Häufig führt die Kündigungsschutzklage zu (außer)gerichtlichen Vergleichen, in denen neben der Vereinbarung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung auch Abfindungen, Freistellungen oder vorzeitige Beendigungen des Arbeitsverhältnisses ausgehandelt werden.

In solchen Vergleichen können zusätzliche Konditionen vereinbart werden, wie z. B. die Überlassung von Ausrüstungsgegenständen oder die Nutzung eines Firmenwagens.

In Vergleichslösungen kann ausnahmsweise auch vereinbart werden, dass der Arbeitgeber die Anwaltskosten des Arbeitnehmers übernimmt. In der Regel werden aber die Anwaltskosten des Arbeitnehmers durch die entsprechende Abfindungszahlung kompensiert.

Spezielle Fallkonstellationen und zusätzliche Aspekte

Kündigung in der Probezeit bzw. Wartezeit

Auch in der Probezeit oder den ersten sechs Monaten kann eine Kündigung angefochten werden – insbesondere, wenn Sonderkündigungsschutz (z. B. bei Schwangerschaft) besteht oder eine sittenwidrige Kündigung nach § 138 BGB vorliegt.

Befristete Arbeitsverhältnisse

Bei befristeten Arbeitsverhältnissen muss zwischen einer Kündigungsschutzklage und einer eigenständigen Entfristungsklage unterschieden werden. Letztere richtet sich gegen die Befristung selbst und erfolgt gemäß § 17 TzBfG.

Kosten, Gebühren und rechtliche Beratung

Gerichtskosten und Anwaltsgebühren

In einem Arbeitsgerichtsprozess fallen zunächst Gerichtskosten an, wobei in der ersten Instanz keine Erstattung der Anwaltskosten der Gegenseite erfolgt (§ 12a ArbGG).

Die Abrechnung der eigenen Anwaltskosten richtet sich in der Regel nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und hängt vom Streitwert ab, der bei einer Kündigung auf Grundlage des dreifachen durchschnittlichen Bruttomonatsgehalts berechnet wird.

Arbeitnehmer sollten prüfen, ob sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, da die Kosten eines Kündigungsschutzprozesses erheblich sein können. Mehr zum Thema finden Sie in unserem Ratgeber „Kosten einer Kündigungsschutzklage“.

Fazit und Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer

Die Kündigungsschutzklage stellt ein wichtiges Instrument dar, um sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen zu wehren. Dabei sind folgende Punkte entscheidend:

  • Fristen und Formalitäten: Es muss sichergestellt werden, dass die Klage innerhalb der dreiwöchigen Frist eingereicht und alle erforderlichen Unterlagen – inklusive Nachweise zum Sonderkündigungsschutz – vollständig vorgelegt werden.
  • Sofortige Beratung: Bereits beim ersten Erhalt der Kündigung sollte umgehend ein Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden, um Zustellungsproblematiken und mögliche Fallstricke frühzeitig zu erkennen.
  • Verfahrensstrategie: Obwohl eine Selbstvertretung möglich ist, erzielt man in der Regel bessere Ergebnisse, wenn man auf die Expertise eines spezialisierten Anwalts setzt. Insbesondere sollte eine Eigenkündigung während des Verfahrens vermieden werden, um die Verhandlungsposition (z. B. hinsichtlich einer Abfindung) nicht zu gefährden.
  • Konkrete Schritte: Nach Erhalt der Kündigung sollten alle relevanten Dokumente (Kündigungsschreiben, Arbeitsvertrag, Lohnabrechnungen, Sondernachweise) gesammelt und zeitnah eine fachkundige Rechtsberatung in Anspruch genommen werden.

Weiterführende Links

An dieser Stelle finden Sie weiterführende Links zu Rechtstexten und anderen Quellen, die im Zusammenhang hilfreich sein könnten.

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