BEFRISTUNG EINES ARBEITSVERHÄLTNISSES TROTZ VORHERIGER BESCHÄFTIGUNG BEIM SELBEN ARBEITGEBER?

Kann ein Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund befristet werden, obwohl bereits vorher ein Arbeitsverhältnis mit dem gleichen Arbeitgeber bestand? Diese Frage beantwortet Susanne Kulbars, Hamburger Anwältin für Arbeitsrecht, in diesem Artikel.

 

Gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. In § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG heißt es weiter, dass eine solche sachgrundlose Befristung dann nicht zulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Einschränkung: Vorherige Beschäftigung liegt mehr als drei Jahre zurück

2011 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine solche „Zuvor-Beschäftigung“ nicht gegeben ist, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliegt. Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit und vor allem der Normzweck sprächen für ein zeitlich begrenztes Verständnis des Vorbeschäftigungsverbots, so das Bundesarbeitsgericht (u.a. BAG, Urteil vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09).

Kritik an der Rechtssprechung des BAG und abweichende Auslegungen

Diese Rechtsprechung ist auf erhebliche Kritik gestoßen. Inzwischen haben sich mehrere Landesarbeitsgerichte gegen diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gestellt. Neben dem LAG Baden Württemberg (Urteil vom 26.09.2013, 6 Sa 28/13) hat das LAG Niedersachsen bereits mehrfach entschieden, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG keine zeitliche Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots enthält (Urteil vom 16.02.2016, 9 Sa 376/15; Urteil vom 20.07.2017, 6 Sa 1125/16). Damit stellt es sich weiter gegen die Rechtsprechung des BAG. § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist nach Auffassung dieser Landesarbeitsgerichte dahingehend auszulegen, dass eine sachgrundlose Befristung auch dann ausscheidet, wenn das Ende eines vorangegangenen Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien mehr als drei Jahre zurückliegt. Bereits der Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG spricht für ein zeitlich unbeschränktes Anschlussverbot, aber auch die Gesetzgebungsgeschichte. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist eine sachgrundlose Befristung nur bei einer „Neueinstellung“ zulässig. Dabei hat der Gesetzgeber unter dem Begriff der Neueinstellung ausdrücklich die „erstmalige Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber“ verstanden. Auf dieser Grundlage kann die Gesetzesformulierung „bereits zuvor“ nicht anders interpretiert werden als dahingehend, dass zwischen den Arbeitsvertragsparteien vorher noch keine Beschäftigung auf Grundlage eines Arbeitsvertrages stattgefunden haben darf.

Auswirkungen der Kritik für die Praxis

Da die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf derart massive Kritik gestoßen ist, können sich Arbeitgeber bei entsprechenden Arbeitsverträgen auch nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen. Ein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung einer fachgerichtlichen Rechtsprechung besteht dann nicht, wenn diese Rechtsprechung, von der abgewichen werden soll, auf so erhebliche Kritik gestoßen ist, dass der unveränderte Fortbestand dieser Rechtsprechung nicht gesichert erscheinen konnte. Die Revision gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Februar 2016 zum Aktenzeichen 9 Sa 376/15 ist unter dem Aktenzeichen 7 AZR 197/16 am BAG anhängig.

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