Betriebsrat-Mitbestimmung bei Handyverbot während Arbeitszeit

Rechtsbeschwerde des Betriebsrats vor dem BAG

Ein Urteil des LAG Niedersachsen zur Mitbestimmung bei der Einführung eines Handyverbots während der Arbeitszeit führte den Betriebsrat eines Automobilzulieferers vor das BAG.

Die Besprechung der Rechtsbeschwerde übernimmt unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Wieneke-Spohler.

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Fachanwalt
Christian Wieneke-Spohler

Einordnung

In Betrieben ist die Nutzung von Handys oder Smartphones während der Arbeitszeit grundsätzlich nicht verboten, es sei denn, der Arbeitgeber erlässt ausdrücklich ein Handyverbot und informiert die Belegschaft hierüber.

Die Weisung, während der Arbeitszeit, keine Mobiltelefone oder Smartphones zu privaten Zwecken zu benutzen, zielt darauf ab, zügiges und konzentriertes Arbeiten der Arbeitnehmer sicherzustellen, indem mögliche Ablenkungen privater Natur durch die Verwendung dieser Geräte unterbunden werden sollen. Die Geräte verfügen über eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen, die die Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer binden und sie von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung abhalten oder zumindest ablenken können.

Diese Verwendungsarten zeichnen sich dadurch aus, dass sie jeweils eine, wenn auch nur kurze, aktive Bedienung des jeweiligen Geräts erfordern. Diese soll während der Arbeitszeit unterbleiben (BAG, Beschluss vom 17.10.2023).

Das Recht des Arbeitgebers, private Handyaktivitäten während der Arbeitszeit zu untersagen, besteht jedoch nicht ausnahmslos, sondern nur in den Grenzen des § 106 GewO. Danach hat der Arbeitgeber ein allgemeines Weisungsrecht.

Er kann Weisungen zur unmittelbaren Ausführung der Arbeit sowie zum arbeitsbegleitenden Verhalten erteilen. Bei der Ausübung seines Weisungsrechts hat der Arbeitgeber „billiges Ermessen“ zu wahren (§ 106 S. 1 GewO). Damit wird verlangt, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die Interessen beider Seiten angemessen beurteilt. Weisungen, die sich zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken, müssen verhältnismäßig sein.

Das Handyverbot ist eine Weisung i. S. des § 106 GewO. „Billiges Ermessen“ bedeutet in diesem Fall, die Handynutzung dem Arbeitnehmer jedenfalls aus zwingendem Anlass, etwa bei Notfällen, zu gestatten. Das BAG hat mit seinem Beschluss vom 17.10.2023 die in diesem Zusammenhang relevante, bislang aber höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage entschieden, ob der Arbeitgeber das Handyverbot auch bei Bestehen eines Betriebsrats aussprechen darf.

In Betrieben ist die Nutzung von Handys oder Smartphones während der Arbeitszeit grundsätzlich nicht verboten, es sei denn, der Arbeitgeber erlässt ausdrücklich ein Handyverbot und informiert die Belegschaft hierüber. Dieses Recht des Arbeitgebers besteht jedoch nicht ausnahmslos, sondern nur in den Grenzen des § 106 GewO – „billiges Ermessen“ ist zu wahren!

Der Sachverhalt

In einem Betrieb der Automobilzulieferer-Industrie wurden die Arbeitnehmer durch einen Aushang zum Thema „Regeln zur Nutzung private Handys während der Arbeitszeit“ darauf hingewiesen, dass „jede Nutzung von Mobiltelefon/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet“ sei.

Bei Verstößen sei mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen „bis hin zur fristlosen Kündigung“ zu rechnen. Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber unter Hinweis auf sein Mitbestimmungsrecht vergeblich auf, diese Maßnahme zu unterlassen. Nachdem der Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht nachkam, machte der Betriebsrat im gerichtlichen Beschlussverfahren die Unterlassung geltend.

Die BAG-Entscheidung

Das BAG bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach ein betriebliches Verbot der privaten Handynutzung am Arbeitsplatz auch ohne Zustimmung des Betriebsrats zulässig sei.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stehe dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb zu. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts sei das betriebliche Zusammenleben und zusammenwirken der Arbeitnehmer; Handlungen und Verhaltensweisen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den arbeitsvertraglichen Leistungspflichten stünden, seien mitbestimmungsfrei.

Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren, seien folglich nicht mitbestimmungspflichtig. Wirke sich eine Maßnahme sowohl auf das Ordnung- als auch das Arbeitsverhalten aus, sei der überwiegende Regelungszweck maßgebend.

Unser Fazit

In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten und mitbestimmungsfreiem Arbeitsverhalten bisweilen schwierig. Auch wenn der vorliegende Beschluss des BAG für den Fall der Handynutzung eindeutig ist, empfiehlt es sich, zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen eine einvernehmliche Regelung mit dem Betriebsrat zu suchen.

Weiterführende Links

An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten.

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