LAG Köln vom 14.01.2025 Aktenzeichen 7 SLa 175/24
Führt rauchen im Dienstwagen zu Schadenersatz?
Grundsätzlich ist es nicht Aufgabe eines Gerichts, moralische Maßstäbe zu verkünden. Es kommt deshalb nicht oft vor, dass ein höchstrichterliches Urteil im Kern Ausführungen zu Sitte und Anstand enthält. So aber – zurecht – nachzulesen im Urteil des LAG Köln vom 14.01.2025, mit dem über folgenden Fall entschieden wurde:
Die Urteilsbesprechung übernimmt unser Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht, Kai Höppner.

Kai Höppner
Datum
14.01.2025
Aktenzeichen
7 SLa 175/24
Gericht
LAG Köln
Einordnung
Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob und in welchem Umfang ein Arbeitnehmer für Schäden an einem überlassenen Firmenfahrzeug haftet. Maßgeblich war insbesondere § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Diese Rücksichtnahmepflicht umfasst auch den pfleglichen Umgang mit zur Verfügung gestelltem Arbeitsmaterial – in diesem Fall einem Dienstfahrzeug.
Zu klären war ferner, ob die sogenannten Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung anzuwenden sind. Diese greifen grundsätzlich dann, wenn ein Arbeitnehmer bei betrieblich veranlasster Tätigkeit fahrlässig einen Schaden verursacht. Das Gericht stellte jedoch klar, dass das Überlassen eines Fahrzeugs zur Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte regelmäßig dem privaten Lebensbereich zuzuordnen ist und damit nicht unter die beschränkte Haftung fällt.
Schließlich wurde auch die Frage der Verjährung relevant. Die Klägerin hatte ihre Forderung innerhalb der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB geltend gemacht. Eine analoge Anwendung der kurzen Verjährungsfrist aus § 606 BGB wurde vom Gericht abgelehnt, da das Arbeitsverhältnis nicht mit einem einfachen Gebrauchsüberlassungsverhältnis gleichzusetzen sei.
Die Nutzung eines Dienstfahrzeugs für den Arbeitsweg ist regelmäßig dem privaten Lebensbereich zuzurechnen – die beschränkte Arbeitnehmerhaftung greift daher nicht.
Der Sachverhalt
Die Klägerin betreibt eine Karosseriewerkstatt, bei der der beklagte Mitarbeiter seit dem 01.04.1999 angestellt ist. Im Jahre 2021 überließ die Klägerin dem Beklagten aufgrund mündlicher Vereinbarung einen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Der Beklagte legte mit dem PKW circa 20.000 km zurück, bis er es im Januar 2023 zurückgab, nachdem er arbeitsunfähig erkrankt war.
Der Beklagte hatte in dem Fahrzeug massiv geraucht. Bei der Rückgabe lag Zigarettenasche im Innern und der Wagen roch stark nach Zigarettenrauch. Auch im Übrigen war der Innenraum sehr verschmutzt: Sitze und Armauflagen waren stark fleckig und der Teppichboden, der Dachhimmel und die Sitzbezüge enthielten Brandlöcher.
Der Schaden wurde durch Gutachten eines Sachverständigen bestätigt.
Die Klägerin verlangte von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von circa 1000 €.
Der Beklagte war der Ansicht, es gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch, im Fahrzeug zu rauchen. Dies ergebe sich im Übrigen aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Außerdem sei ein Rauchverbot nicht erteilt worden. Schließlich fänden die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung zu seinen Gunsten Anwendung.
Das Urteil
In seiner Begründung führte das LAG als „Selbstverständlichkeit“ aus, „dass man fremdes Eigentum sorgsam und pfleglich zu behandeln habe“, zumal dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, „übelriechender Zigarettenrauch sich in Textilien und auf Oberflächen festsetze“. Die Geruchsbelästigung und Nikotinablagerungen Im PKW seien nur mit aufwändiger Ozonbehandlung zu beseitigen. Als Raucherfahrzeug habe der PKW einen Minderwert.
Mit dem Rauchen im Fahrzeug der Klägerin, so das LAG, habe der Beklagte das Eigentum der Klägerin beschädigt. Diese Benachteiligung sei durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beklagten nicht gedeckt. Denn dieses Recht finde seine Grenzen in den Gesetzen und Rechten anderer Personen.
Der Hinweis des Beklagten auf die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung überzeuge ebenfalls nicht. Diese setze ein betrieblich veranlasstes Handeln des Beklagten voraus. Daran fehle es, da der Schaden seiner privaten Lebensführung zuzurechnen sei. Darum handele es sich vorliegend, da der Arbeitnehmer seine Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbst zu tragen habe,
Ein ausdrückliches Rauchverbot war nicht erforderlich – die pflegliche Behandlung fremden Eigentums ergibt sich bereits aus der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB.
Fazit und Anmerkung
Der Beklagte war in beiden Instanzen unterlegen. Die von dem LAG hervorgehobene „Selbstverständlichkeit“ findet in § 241 Abs. 2 BGB ihren juristischen Ausdruck: „Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.“
Dass der Beklagte gegen diese normative Grundverständnis mit seinem Verhalten eklatant verstoßen hat, liegt auf der Hand. Seine Rücksichtslosigkeit im Umgang mit fremdem Eigentum ist in hohem Maße fragwürdig, erst recht seine Uneinsichtigkeit hinsichtlich der Akzeptanz des erstinstanzlich ausgeurteilten Schadensersatzes.
Weiterführende Links
An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten.
- Das Urteil des LAG Köln in voller Länge
- § 195 BGB – Regelmäßige Verjährungsfrist
- § 199 Abs. 1 BGB – Beginn der Verjährung
- § 241 Abs. 2 BGB – Rücksichtnahmepflichten im Schuldverhältnis
- § 276 Abs. 1, Abs. 2 BGB – Vertretenmüssen; Fahrlässigkeit
- § 280 Abs. 1 BGB – Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
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