Urteil zu Vermittlungsgebühren als unwirksame Klausel

Vermittlungsprovision vom Arbeitnehmer zurückfordern wegen kurzer Zugehörigkeit?

Einordnung

Die derzeit angespannte Arbeitsmarktlage verleitet Arbeitgeber vermehrt zur Einschaltung von Personaldienstleistern. Kommt durch deren Vermittlung ein Arbeitsvertrag zustande, fällt Vermittlungsprovision an. Kann der Arbeitgeber diese von Arbeitnehmern zurückfordern, wenn sich der mitunter hohe Betrag wegen nur kurzer Betriebszugehörigkeit „nicht rechnet“?

Der Sachverhalt

Die Parteien schlossen Ende März 2021 einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger ab dem 1. Mai 2021 bei der Beklagten tätig wurde. Der Vertrag kam durch Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande. Die Beklagte zahlte an diesen eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 €. Weitere 2.032,80 € sollten nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit fällig sein.

Nach § 13 des Arbeitsvertrages war der Kläger verpflichtet, der Beklagten die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2022 hinaus fortbestehen und unter anderem – aus vom Kläger „zu vertretenden“ Gründen von ihm selbst beendet werden würde. Nachdem der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2021 gekündigt hatte, behielt die Beklagte – unter Verweis auf § 13 des Arbeitsvertrages – von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung des Klägers einen Teilbetrag in Höhe von 809,21 € netto ein.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung dieses Betrages erstrebt. Er machte geltend, die Regelung in § 13 seines Arbeitsvertrages sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige. Die Beklagte hingegen verlangte im Wege der Widerklage die Erstattung restlicher Vermittlungsprovision in Höhe von 3.652,39 €. Sie vertrat die Auffassung, die vertragliche Regelung sei wirksam. Sie habe ein berechtigtes Interesse, die für die Vermittlung des Klägers gezahlte Provision nur dann endgültig aufzubringen, wenn er bis zum Ablauf der vereinbarten Frist für sie tätig gewesen sei.

Urteil & Begründung

Die Regelung in § 13 des Arbeitsvertrages, bei der es sich um eine sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB handele, benachteilige den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Kläger werde hierdurch in seinem vom Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre.

Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht lohnen, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beende. Es bestehe deshalb kein billigenswertes Interesse der Beklagten, solche Kosten auf den Kläger zu übertragen. Der Kläger erhalte auch keinen Vorteil, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könnte.

Unser Fazit

Der Arbeitgeber trägt allein das Risiko, dass sich eine Personalbeschaffung für ihn lohnt. Von der Aufnahme sog. Abwälzungsklauseln in den Arbeitsvertrag ist deshalb abzuraten.

Quelle

  • Urteil des BAG vom 20.06.2023 (1 AZR 265/22)

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