Wartezeitkündigung

Kündigung während der Wartezeit (Arbeitsrecht)

Unternehmen und Arbeitnehmer stehen oftmals vor der Frage, inwieweit Kündigungen innerhalb der ersten Beschäftigungsmonate möglich sind. In diesem Zusammenhang gibt es immer wieder Fragen, ob und inwieweit die Wartezeitkündigung und die Probezeit zusammenhängen. Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht klären die wichtigsten Fragen!
Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt
Christian Wieneke-Spohler
Portraitfoto von Kai Höppner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Fachanwalt
Kai Höppner

Wartezeitkündigung im Überblick

Rechtlicher Rahmen & Anwendungsbereich

Die Wartezeit wird im § 1 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) definiert. Sie beträgt sechs Monate und muss vom Arbeitnehmer im selben Betrieb absolviert werden. Während dieser Zeit genießt der Arbeitnehmer noch keinen allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG. Dem Arbeitgeber wird dadurch ermöglicht, das Arbeitsverhältnis ohne die gesetzlich vorgeschriebene soziale Rechtfertigung zu beenden. Er muss lediglich die maßgebliche Kündigungsfrist einhalten.

Hintergrund und Idee der Wartezeitkündigung

Die Regelung zur Wartezeitkündigung dient dem Zweck, dem Arbeitgeber ausreichend Zeit zu geben, die Fähigkeiten und die Eignung des Arbeitnehmers zu bewerten. Gleichwohl müssen bei einer Kündigung während der Wartezeit die Grundrechte des Arbeitnehmers, wie der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz, beachtet werden. 

Überdies gelten auch spezielle Schutzbestimmungen, beispielsweise für Schwangere, die unabhängig von der Wartezeit Anwendung finden.

Unterschied zur Kündigung in der Probezeit

Die „Probezeit“ und „Wartezeit“ werden häufig synonym verwendet, obwohl sie verschiedenen rechtlichen Bestimmungen unterliegen. Die Probezeit ist vertraglich geregelt, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie kann ebenfalls bis zu sechs Monate dauern. Innerhalb der Probezeit ist die Kündigungsfrist verkürzt, häufig auf zwei Wochen.

Im Gegensatz dazu bezeichnet die gesetzliche Wartezeit die Periode, in welcher der Arbeitnehmer noch keinen Anspruch auf Kündigungsschutz nach dem KSchG hat. Eine Kündigung in der Probezeit kann daher auch innerhalb der ersten sechs Monate erfolgen, allerdings mit der kürzeren Kündigungsfrist, während die Wartezeitkündigung sich auf die gesetzlich geregelte Wartezeit von sechs Monaten bezieht, innerhalb derer eine Kündigung unter Einhaltung der regulären Kündigungsfristen erfolgen kann.

Beispiel: Probezeit beträgt drei Monate. Die Kündigung des Arbeitgebers erfolgt nach dem vierten Monat.  Dann muss der Arbeitgeber zwar die Kündigungsfrist berücksichtigen, aber keine Kündigungsgründe nachweisen.

Grenzen und aktuelle Rechtsprechung

Die praktische Handhabung dieser Kündigungsfreiheit fand kürzlich durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) weitergehende Konkretisierung. In dem Fall (2 AZR 309/22) musste das Gericht die Frage klären, in welchem Umfang die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers während der Wartezeit reicht und ob das Maßregelungsverbot des § 612a BGB eine Rolle spielt.

Im vorliegenden Fall wies das BAG die Revision einer medizinischen Fachangestellten zurück, die eine Kündigung wegen ihrer Weigerung zur COVID-19-Impfung erhalten hatte. Entscheidend war, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit mit einer rechtlichen Kausalität zur Gewährleistung des Patienten- und Belegschaftsschutzes gekündigt hatte und nicht etwa als Sanktion für die ausgeübte Impfverweigerung. Damit sah das BAG keinen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot, was bedeutet, dass die Kündigung rechtens war.

Dieses Urteil unterstreicht, dass eine Wartezeitkündigung auch im Kontext der COVID-19-Pandemie und etwaiger Impfverpflichtungen standhält, sofern die Kündigung nicht diskriminierend oder sittenwidrig ist und nicht gegen gesetzliche Verbote verstößt.

Für Arbeitgeber zeichnet das Urteil ein klares Bild: Die Wartezeit bietet zwar einen erweiterten Gestaltungsspielraum, bedeutet aber nicht, dass Kündigungen völlig ohne Grenzen erfolgen können. Jede Kündigung in der Wartezeit muss den Mindestkündigungsschutz beachten und darf nicht willkürlich erfolgen.

Unwirksame Wartezeitkündigung

Es ist zu beachten, dass während der Wartezeit eine Kündigung, obwohl sie keiner sozialen Rechtfertigung bedarf, dennoch nicht willkürlich, sittenwidrig oder diskriminierend sein darf. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) findet uneingeschränkt Anwendung in Arbeitsverhältnissen, auch wenn die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) noch nicht abgelaufen ist oder das Arbeitsverhältnis in einem Betrieb stattfindet, der nicht unter den Geltungsbereich des KSchG fällt, weil max. 10 Mitarbeitende beschäftigt werden.

Die Unwirksamkeit einer Kündigung ergibt sich aus dem AGG, wenn diese eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung im Sinne des § 3 AGG darstellt. Nach § 7 Abs. 1 AGG ist eine solche Kündigung unwirksam. Demzufolge sind Kündigungen aufgrund von Merkmalen wie ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität unzulässig.

Häufig zitiert wurde passend dazu bereits die Rechtsprechung, dass selbst bei Vorliegen einer symptomlosen HIV-Infektion, welche unter das Diskriminierungsverbot aufgrund von Behinderung fällt, eine Kündigung in der Wartezeit nur dann zulässig ist, wenn der Arbeitgeber eine Ansteckung nicht durch angemessene Schutzmaßnahmen verhindern kann. Dabei sind die Notwendigkeit und Angemessenheit der Maßnahmen einzelfallabhängig zu beurteilen.

Optionen für Arbeitgeber, wenn die Wartezeit nicht ausreicht

Schließlich entstehen für Arbeitgeber auch nach Ablauf der Wartezeit bedeutsame Überlegungen, insbesondere in Fällen, in denen die Erprobungsphase nicht ausreichende Erkenntnisse geliefert hat. Verlängerte Kündigungsfristen oder Aufhebungsverträge mit der Option auf Wiedereinstellung können hier flexible Lösungen sein, die das BAG als zulässig erachtet.

Weiterführende Links

An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten und anderen Quellen, die im Zusammenhang für die eigene Lektüre hilfreich sein könnten.

Sie haben Fragen?

Unsere Fachanwälte stehen Ihnen mit langjähriger Erfahrung im Arbeitsrecht gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns!

Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Christian Wieneke-Spohler
Portraitfoto von Kai Höppner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Kai Höppner
Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Christian Wieneke-Spohler
Portraitfoto von Kai Höppner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Kai Höppner