Arbeitsrecht zu Allergien im Arbeitsrecht

Rechte und Pflichten im Arbeitsrecht bei Allergien

Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Allergien. Etwa 15,6 Prozent sind von Heuschnupfen betroffen und auch berufsbedingte Allergien nehmen kontinuierlich zu. 

Dieser Ratgeber unserer Hamburger Arbeitsrecht-Anwälte für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Betriebsräte erläutert, welche Rechte und Pflichten in Bezug auf Allergien am Arbeitsplatz gelten und welche praktischen Schritte im Ernstfall ratsam sind.

Portrait von Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt
Christian Wieneke-Spohler
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Kai Höppner

Das Wichtigste in Kürze

  • Arbeitsunfähigkeit & Berufskrankheit: Schwere Allergiesymptome rechtfertigen eine ärztliche AU-Bescheinigung bis hin zur Anerkennung einer Berufskrankheit.
  • Arbeitgeberpflichten: Gefährdungsbeurteilung, individueller Schutzplan und Schutzmaßnahmen, Gesundheitsdaten gemäß DSGVO schützen.
  • Arbeitnehmer sollten ein Allergie-Tagebuch führen und den Betriebsarzt rechtzeitig konsultieren.
  • Der Betriebsrat nimmt Mitbestimmungsrechte wahr und fordert allergenfreie Maßnahmen ein.
  • Nach dem STOP-Prinzip (Substitution, Technische, Organisatorische Maßnahmen, PSA) sollten Allergierisiken minimiert werden.

Arbeitsrecht bei Allergien am Arbeitsplatz

Arbeitsunfähigkeit wegen Allergie

Arbeitsunfähigkeit besteht dann, wenn die allergischen Symptome so stark sind, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann. Leichte Beschwerden wie gelegentliches Niesen oder juckende Augen reichen hierfür nicht aus.

Bei schwereren Reaktionen, etwa allergischem Asthma, Heuschnupfen oder entzündeten Augen, muss geprüft werden, ob eine zumutbare medikamentöse Behandlung möglich ist.

Liegt trotz zumutbarer Medikation keine Besserung vor, gewährleistet eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen hohen Beweiswert für Arbeitnehmer. Arbeitgeber dürfen diese Bescheinigung nur bei begründetem Verdacht anzweifeln.

Arbeitsunfähigkeit besteht dann, wenn die allergischen Symptome so stark sind, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden kann.

Anerkennung als Berufskrankheit

Berufsbedingte Allergien unterscheiden sich vom saisonalen Heuschnupfen dadurch, dass sie ganzjährig auftreten und durch regelmäßigen Kontakt mit allergenen Stoffen am Arbeitsplatz ausgelöst werden.

Typische Berufsgruppen sind etwa Bäckereifachkräfte (Mehlstaub), Friseure (Duftstoffe, Chemikalien), Reinigungspersonal (Desinfektionsmittel, Latex) sowie Floristen, Gärtner, Holz- und Metallverarbeiter oder Zahntechniker (Staub, Öle, Metalle).

Beim Verdacht auf eine berufsbedingte Allergie sollten Arbeitnehmer:

  • den Betriebsarzt oder Dermatologen aufsuchen und dokumentieren, ob die Symptome in der Freizeit abklingen
  • gegebenenfalls das Hautarztverfahren einleiten lassen, das die Berufsgenossenschaft informiert
  • im Falle der Anerkennung durch die gesetzliche Unfallversicherung Leistungen wie Behandlungskosten, Umschulung und eine Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit in Anspruch nehmen
Bei Verdacht auf eine berufsbedingte Allergie sollten Arbeitnehmer den Betriebsarzt oder Dermatologen aufsuchen und dokumentieren, ob die Symptome in der Freizeit abklingen.

Arbeitsrechtliche Rechte und Pflichten

Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer und der Betriebsrat tragen Verantwortung beim Thema Allergie am Arbeitsplatz.

Arbeitgeber

Arbeitgebende müssen

  • gemäß § 5 und § 6 ArbSchG eine Gefährdungsbeurteilung durchführen und dokumentieren
  • bei bekannten Allergien einen individuellen Schutzplan erstellen, idealerweise mit Einbindung des Betriebsarztes
  • technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen sowie persönliche Schutzausrüstung kostenfrei zur Verfügung stellen
  • Gesundheitsdaten (z. B. Allergieinformationen) nach Art. 9 DSGVO besonders schützen
  • Im Rahmen der Fürsorgepflicht kann dies, je nach Einzelfall, die Umsetzung von Gerichtsurteilen bedeuten (u. a. LAG Hamm, Aktenzeichen 5 Sa 1000/97: Arbeitgeber muss Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz ohne Klimaanlage zuweisen).

Arbeitnehmer

Arbeitnehmende sollten

  • ein Allergie-Tagebuch führen, um Auslöser und Verlauf zu dokumentieren
  • rechtzeitig den Betriebsarzt konsultieren und Beschwerden melden
  • bei Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung vorlegen
  • gegebenenfalls selbst die Anerkennung einer Berufskrankheit beantragen

Dabei haben sie das Recht auf

  • eine angemessene Beratung durch den Betriebsarzt
  • Anpassung des Arbeitsplatzes oder sogar einen Arbeitsplatzwechsel
  • Kostenübernahme des Arbeitgebers für Schutzmittel und Ausrüstung

Betriebsrat

Der Betriebsrat kann

  • seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsgefahren wahrnehmen
  • Gefährdungsbeurteilungen prüfen und fachkundige Meinungen einholen
  • Schulungen organisieren und allergenfreie Maßnahmen einfordern
  • als zentrale Ansprechstelle für Betroffene fungieren

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Prävention nach dem STOP-Prinzip

Das STOP-Prinzip (Substitution, Technische Maßnahmen, Organisatorische Maßnahmen, Persönliche Schutzausrüstung) bietet eine strukturierte Herangehensweise zur Minimierung von Allergierisiken:

  • Substitution: Allergene Stoffe werden durch weniger gefährliche Alternativen ersetzt, zum Beispiel parfümfreie oder enzymfreie Reinigungsmittel.
  • Technische Maßnahmen: Absauganlagen, Pollenschutzgitter, Luftreiniger oder geschlossene Arbeitssysteme reduzieren die Allergenbelastung direkt am Arbeitsplatz.
  • Organisatorische Maßnahmen: Durch Arbeitsplatzwechsel, verkürzte Expositionszeiten oder rotierende Tätigkeiten lässt sich die individuelle Belastung weiter senken.
  • Persönliche Schutzausrüstung: Atemschutzmasken, Schutzbrillen, Handschuhe und spezialisierte Arbeitskleidung ergänzen die präventiven Schritte und sind insbesondere dann unerlässlich, wenn die vorherigen Stufen nicht ausreichen.

Konsequenzen bei anhaltenden Problemen

Bleibt trotz aller Maßnahmen keine ausreichende Verbesserung, können folgende Schritte notwendig werden:

  • Kündigung: Eine krankheitsbedingte Kündigung ist rechtlich zulässig, wenn die Fehlzeiten übermäßig hoch sind und keine Aussicht auf Besserung besteht. Vorher müssen jedoch alle milderen Mittel ausgeschöpft werden.
  • Umschulung oder Berufswechsel: Die Unfallversicherung unterstützt mit stationären Heilverfahren, Umschulungen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
  • Abwägung von Leistungsfähigkeit und Arbeitsplatzanforderungen: Im Einzelfall entscheidet das Verhältnis zwischen individueller Gesundheit und den betrieblichen Erfordernissen über den Verbleib im Job.

Checkliste für Allergien am Arbeitsplatz

Um im Ernstfall gut vorbereitet zu sein, empfehlen wir betroffenen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Betriebsräte folgende Punkte systematisch abzuarbeiten:

  • Arbeitnehmer sollten ein Allergie-Tagebuch führen. Erfassen Sie Datum, Uhrzeit, Tätigkeit, Symptome und verwendete Medikamente.
  • Betriebsräte sollten aufklären, für eine frühzeitige Einbindung werben und sich für die Erstellung von Gutachten und Schutzkonzepten einsetzen.
  • Arbeitgeber sollten darauf achten, dass die Gesundheitsdaten sicher behandelt werden und Einwilligungen dokumentiert werden.

Weiterführende Links

An dieser Stelle finden Sie weiterführende Links zu Rechtstexten und anderen Quellen, die im Zusammenhang hilfreich sein könnten.

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