Verfällt Urlaub am Jahresende?
Ratgeber vom Fachanwalt für Arbeitgeber & Arbeitnehmer
Das Jahresende naht und so mancher blickt auf das Urlaubskonto mit der Frage, ob Urlaub zum Jahresende verfällt oder nicht. Das deutsche Arbeitsrecht bietet hier klare Regelungen, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber berücksichtigen müssen.
Unser Ratgeber, erstellt von den Hamburger Fachanwälten für Arbeitsrecht, Christian Wieneke-Spohler und Kai Höppner, beantwortet häufige Fragen zum möglichen Urlaubsverfall am Jahresende.
Das Wichtigste in Kürze
- Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs: Arbeitnehmer müssen ihren gesetzlichen Mindesturlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen; eine Übertragung auf das nächste Jahr ist nur in Ausnahmefällen bis 31. März möglich (§ 7 Abs. 3 BUrlG).
- Mehrurlaubregelungen: Für über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaub gelten individuelle Regelungen des Arbeits- oder Tarifvertrags, die abweichende Verfallsfristen festlegen können.
- Hinweispflichten des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber muss Arbeitnehmer rechtzeitig auf bestehende Urlaubsansprüche und den drohenden Verfall hinweisen; geschieht dies nicht, verfällt der Urlaub auch nach dem 31. März nicht.
- Langzeiterkrankung und Urlaub: Der gesetzliche Mindesturlaub bleibt bei Langzeiterkrankungen bis zu 15 Monate erhalten; für Mehrurlaub gelten individuelle vertragliche Regelungen.
- Zusatzurlaub für Schwerbehinderte: Schwerbehinderte haben Anspruch auf 5 zusätzliche Urlaubstage (§ 208 SGB IX), die denselben Verfallsregelungen wie der gesetzliche Mindesturlaub unterliegen.
Grundsätzliche Regelung für den gesetzlichen Mindesturlaub
Gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) müssen Arbeitnehmer ihren gesetzlichen Mindesturlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur dann möglich, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe dies rechtfertigen. In solchen Fällen muss der Urlaub jedoch spätestens bis zum 31. März des folgenden Jahres gewährt und genommen werden. Andernfalls verfällt der Urlaubsanspruch.
Weitergehende freiwillige Urlaubsansprüche, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen, können anderen Regelungen unterliegen, die im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt sind.
Merke!
Diese Regelungen gelten nur für den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche (oder 20 Arbeitstagen bei einer Fünf-Tage-Woche).
Tariflicher oder vertraglicher Mehrurlaub
Für Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus geht (Mehrurlaub) können Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuelle Regelungen im Arbeitsvertrag oder durch Tarifverträge treffen. Diese können längeren oder kürzeren Verfallsfristen unterliegen oder den Verfall des Mehrurlaubs sogar gänzlich ausschließen.
Abweichende arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelungen gehen beim Mehrurlaub vor. Wenn jedoch nichts anderes geregelt ist, gilt das BUrlG nicht zwingend für den Mehrurlaub. Daher sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die spezifischen Regelungen in ihren Verträgen genau prüfen.
Mitwirkungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 6. November 2018 (C-684/16 „Max-Planck-Gesellschaft“) sowie ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19. Februar 2019 (9 AZR 541/15) haben die Mitwirkungs- und Hinweispflichten des Arbeitgebers gestärkt (siehe unsere Urteilsbesprechung).
Der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet:
- Rechtzeitig auf den noch bestehenden Urlaubsanspruch hinzuweisen.
- Den Arbeitnehmer zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufzufordern.
- Auf den drohenden Verfall des Urlaubs bei Nichtinanspruchnahme hinzuweisen.
Wenn der Arbeitgeber diesen Pflichten nicht nachkommt, bleibt der Urlaubsanspruch auch über den 31. März hinaus bestehen. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für tariflichen oder vertraglichen Mehrurlaub, sofern keine klaren abweichenden Vereinbarungen existieren.
Merke!
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, rechtzeitig auf den noch bestehenden Urlaubsanspruch hinzuweisen und den Arbeitnehmer zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufzufordern.
Langzeiterkrankung
Für den gesetzlichen Mindesturlaub hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 7. August 2012 (9 AZR 353/10) entschieden, dass er bei Langzeiterkrankung bis zu 15 Monate erhalten bleibt.
Beim Mehrurlaub hängt dies von der vertraglichen Regelung ab. Ohne abweichende Vereinbarung könnte der Mehrurlaub ebenfalls der 15-Monats-Frist unterliegen.
Häufig regeln Tarif- oder Arbeitsverträge jedoch, dass der Mehrurlaub verfällt, wenn er nicht im laufenden Kalenderjahr oder bis zu einer festgelegten Frist genommen wird.
Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
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Empfehlungen für ein kooperatives Miteinander
Handlungsfelder für Arbeitnehmer
Um den Verfall des Urlaubs zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer:
- Rechtzeitig planen: Bereits frühzeitig im Jahr den Urlaub planen und entsprechende Urlaubsanträge stellen.
- Resturlaub prüfen: Gegen Jahresende den aktuellen Stand des Urlaubskontos prüfen.
- Gespräch suchen: Frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und die Inanspruchnahme des Resturlaubs klären.
- Dokumentation: Schriftliche Nachweise über Urlaubsanträge und Rückmeldungen des Arbeitgebers aufbewahren.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Arbeitgeber sollten:
- Rechtzeitige Kommunikation: Regelmäßig und rechtzeitig auf Resturlaubsansprüche hinweisen.
- Dokumentation: Schriftliche Hinweise und Bestätigungen aufbewahren.
- Urlaubsplanung fördern: Eine frühzeitige und transparente Urlaubsplanung unterstützen.
- Flexibilität prüfen: Gegebenenfalls betriebliche Regelungen überdenken, um eine flexible Handhabung von Urlaubsansprüchen zu ermöglichen.
Unser Tipp:
Für ein kooperatives Miteinander sollten Arbeitgeber regelmäßig und rechtzeitig auf Resturlaubsansprüche hinweisen, während Arbeitnehmer frühzeitig ihren Urlaub planen und entsprechende Anträge stellen sollten.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Der Verfall von Urlaubsansprüchen zum Jahresende ist immer wieder potenzieller Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Verhindern lässt sich das, indem Arbeitnehmer ihren Urlaub proaktiv planen. Arbeitgeber wiederum sind in der Pflicht, ihre Mitarbeiter rechtzeitig und umfassend zu informieren. Durch ein kooperatives Miteinander lässt sich potenzieller Ärger spätestens im nächsten Jahr verhindern!
Weiterführende Links
An dieser Stelle finden Sie weiterführende Links zu Entscheidungen, Rechtstexten und Urteilsbesprechungen, um das Thema weiter vertiefen zu können.
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