LAG Niedersachsen vom 24.09.2024, Aktenzeichen 10 SLa 76/24
Kündigung wegen ungünstiger Vertragsabschlüsse
Ein Vereinsgeschäftsführer, der eigenmächtig über 200.000 Euro für Beratungshonorare ausgibt, wird daraufhin von seinem Verein fristlos kündigt. Das Urteil vom 24.09.2024 beleuchtet die Grenzen und Zuständigkeiten von Geschäftsführern im Vereinswesen sowie die Bedeutung klarer Kommunikationswege und Absprachen innerhalb der Führungsebene.
Die Urteilsbesprechung übernimmt Christian Wieneke-Spohler, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Datum
24.09.2024
Aktenzeichen
10 SLa 76/24
Gericht
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Einordnung
Die Frage, „was ein Geschäftsführer darf“, stand im Mittelpunkt der wichtigen Entscheidung des LAG Niedersachsen vom 24.09.2024. In jenem Fall handelte es sich um den Geschäftsführer eines Vereins, also einen Geschäftsführer „im untechnischen Sinne“.
Anders als die „echten Geschäftsführer“ gem. § 35 GmbHG sind Vereinsgeschäftsführer Personen unterhalb der Ebene der Organmitglieder juristischer Personen, bei einem Verein der Vorstand. Sie sind Arbeitnehmer, Arbeitsrecht ist folglich anwendbar. Die Rechte und Pflichten richten sich nach dem Anstellungsvertrag und den Weisungen des Vereinsvorstandes.
Der Sachverhalt
Vorliegend betrieb der Verein die Förderung der Zucht von Oldenburger Pferden entsprechend anerkannter Zuchtbestimmungen. Der Kläger war dort seit 2009 als Geschäftsführer tätig.
Ihm wurde vorgeworfen, er habe schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, indem er den Verein einseitig und eigenmächtig zur Zahlung von Beratungshonorar von mehr als 200.000 € verpflichtet habe.
Der Verein sah das Vertrauen zu dem Geschäftsführer wegen des angeblich heimlichen Vorgehens und der außergewöhnlichen Größenordnung als unwiederbringlich zerstört und kündigte das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos.
Zudem erhob er eine Schadensersatzforderung in Höhe des Beratungshonorars.
Der Kläger wandte ein, es sei originäre Aufgabe des Geschäftsführers eines Verbandes, die laufenden Geschäfte zu führen, wozu auch der Abschluss von schuldrechtlichen Verpflichtungen gehöre. Von einem Teil dieser Verpflichtungen habe der Vereinsvorstand überdies Kenntnis gehabt.
Der damalige Vorstand des Beklagten habe das zu entwickelnde Projekt einschließlich des damit im Zusammenhang stehenden finanziellen Engagements befürwortet und initiiert. Über Jahre hinweg sei eine vom Arbeitsvertrag abweichende Abstimmung zwischen Vorstand und Geschäftsführung praktiziert worden. Daher könne dem Kläger sein Verhalten nicht angelastet werden. Soweit ihm vorgeworfen werde, ungünstige Verträge abgeschlossen zu haben, berechtige das jedenfalls nicht zu einer Kündigung ohne vorausgegangener Abmahnung.
Das Urteil
Der beklagte Verein unterlag in beiden Instanzen. Das LAG gab dem Kläger auch in zweiter Instanz Recht:
Der damalige Vorstand des Beklagten sei in das Projekt einbezogen gewesen und habe das entsprechende finanzielle Engagement nicht infrage gestellt. Wurde mit dieser einvernehmlichen Praxis von den Vorgaben des Arbeitsvertrages des Geschäftsführers abgewichen, könnte dem Kläger sein Verhalten nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Soweit ihm entgegengehalten werde, ungünstige Verträge abgeschlossen zu haben, bedürfe eine darauf gestützte Kündigung einer vorheriger Abmahnung. Mangels vom Kläger zu verantwortenden Pflichtwidrigkeiten sei auch die Schadensersatzforderung unbegründet.
Unser Fazit
Die Problematik des Falles lag offenbar in der unzulänglichen Kommunikation zwischen den Führungsebenen. Es empfiehlt sich, die Verantwortlichkeiten der Führungskräfte transparent festzulegen, regelmäßige Abstimmungen über Entscheidungsabläufe zu treffen und diese zu dokumentieren.
Weiterführende Links
An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten.
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