Betriebsbedingte Kündigung: Fachartikel
Kündigung wegen „überhöhter“ Vergütung
Rechtlicher Rahmen
Nach herkömmlicher höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtfertigt der Entschluss eines Arbeitgebers, Lohnkosten zu senken, grundsätzlich keine Kündigung. Nur wenn ein Arbeitgeber die Ertragslage zum Anlass nimmt, zur Kostenersparnis oder zur Verbesserung des Betriebsergebnisses durch technische oder organisatorische Maßnahmen Arbeitsplätze wegfallen zu lassen, kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht.
Dagegen zielt die Reduzierung des Gehalts nicht auf die Änderung des Arbeitsplatzes, der Arbeitszeit oder der Arbeitsleistung, sondern allein auf die Gegenleistung des Arbeitgebers: Das vereinbarte Entgelt. Hieran ist der Arbeitgeber grundsätzlich gebunden („pacta sunt servanda“).
Der Sachverhalt
Dieser Einsicht hatte sich die Geschäftsführung eines Krankenhauses verschlossen und das Arbeitsverhältnis mit einem in Teilzeit angestellten Facharzt für Chirurgie wegen „überhöhter“ Vergütung fristlos, hilfsweise ordentlich, gekündigt. Sie scheiterte damit auf ganzer Linie vor dem Arbeitsgericht Hamm. Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:
Der Kläger betrieb als niedergelassener Arzt eine Fachambulanz für Gefäß – und endovaskuläre Chirurgie. Daneben war er mit einer vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 13 Stunden bei dem beklagten Krankenhaus mit dem Schwerpunkt Gefäßchirurgie beschäftigt. Im Jahre 2017 hatte er sich bereits mit einer Reduzierung seiner Monatsvergütung auf 9.166 € brutto einverstanden erklärt. Anlässlich eines Wechsels in der Geschäftsführung wurden Gespräche mit dem Kläger und seinen Kollegen über die Abänderung der Arbeitsverträge mit dem Ziel der Gehaltsreduzierung geführt.
Bis auf den Kläger unterzeichneten die übrigen Ärzte Verträge zur sofortigen Auflösung ihrer Arbeitsverhältnisse. Die Beklagte sprach daraufhin die Kündigung aus. Sie berief sich auf die „überhöhte und nicht angemessene“ Vergütung. Sie liege ein Vielfaches über dem, was üblicherweise ein Krankenhaus an einen Arzt zahle. Außerdem habe der Kläger nicht in dem vereinbarten Umfang Arbeitsleistungen, insbesondere Operationen, erbracht.
Das Urteil
In seinen Entscheidungsgründen betonte das Arbeitsgericht zunächst, dass kein Grund vorläge, der „an sich geeignet“ sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Ein Fehlverhalten des Klägers liege nicht vor. Aus der Anzahl der vorgenommenen Operationen lasse sich nicht auf den Arbeitseinsatz eines Krankenhausarztes schließen. Dessen Arbeitsleistung erschöpfe sich nicht allein in der Durchführung von Operationen. Deren Anzahl könne der Arzt allein nicht beeinflussen. Der Umstand, dass nicht so viele Operationen durchzuführen sind, die dem wirtschaftlichen Betrieb des Krankenhauses entsprechen, gehöre zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko.
Der Kläger hatte weiter vorgetragen, das beanstandete Gehalt beruhe auf dem Vertragsangebot, das die Beklagte ihm unterbreitet habe, ohne dass darüber explizit verhandelt worden sei. Ein die Beklagte übervorteilendes Verhalten habe nicht vorgelegen. Das Arbeitsgericht griff diesen Hinweis auf: Selbst wenn die Vergütung unangemessen sei, sei die Vereinbarung hierüber von der Vertragsfreiheit gedeckt und das beklagte Krankenhaus hieran gebunden.
Mangels arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung waren weder die außerordentliche (§ 626 BGB) noch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung (§ 1 KSchG) begründet.
Abschließend hob das Arbeitsgericht hervor, dass der Arbeitgeber für das Ziel einer Veränderung des Entgelts allenfalls das mildere Mittel einer Änderungskündigung (§ 2 KSchG) in Erwägung ziehen könne. Dafür muss er einen Sanierungsplan vorlegen, aus dem sich ergibt, dass der Arbeitsplatz wegfällt, wenn der Arbeitgeber das Entgelt nicht kürzen könnte.
Quelle
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