LAG Rheinland-Pfalz vom 01.03.2024, Aktenzeichen 8 Sa 142/23
Vorenthaltung eines auch zur privaten Nutzung bezweckten Dienstwagens
Einem stellvertretender Betriebsleiter stand laut Arbeitsvertrag ein Firmenwagen zu. Doch was gilt, wenn der Betriebsleiter mehrere vom Arbeitgeber unterbreitete Leasingangebote ausschlägt?
Die Urteilsbesprechung mit Vorstellung aller Details übernimmt unser Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Wieneke-Spohler.
Datum
01.03.2024
Aktenzeichen
8 Sa 142/23
Gericht
LAG Rheinland-Pfalz
Einordnung
Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung gem. §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 283 Satz 1 BGB, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglich zugesicherten, auch für private Zwecke nutzbaren PKW schuldhaft nicht überlässt.
Deren Berechnung hat auf Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich mit monatlich 1 % des Brutto-Listenpreises des Kraftfahrzeuges im Zeitpunkt der Erstzulassung zu erfolgen.
Hat der Arbeitnehmer im Ausfallzeitraum ein eigenes Kraftfahrzeug benutzt, muss er sich auf eine konkrete Schadensberechnung im Sinne des Ersatzes tatsächlich erbrachter Aufwendungen nur verweisen lassen, wenn es sich um ein gleichwertiges Fahrzeug handelt.
Der Sachverhalt
In dem Rechtsstreit ging es um einen in den Jahren 2018-2021 beschäftigten stellvertretenden Betriebsleiter.
In dem Arbeitsvertrag hatte sich der Arbeitgeber verpflichtet, dem Kläger nach Ablauf der Probezeit „einen Dienstwagen (Bruttolistenpreis bis 45.000 €)“ zur Verfügung zu stellen, den dieser auch privat nutzen durfte.
Der Arbeitgeber unterbreitete dem Kläger mehrere Leasingangebote, die der Kläger allerdings ablehnte.
Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger keinen Dienstwagen, so dass er weiter auf seinen eigenen alten Peugeot 308 angewiesen war.
Dieses Fahrzeug erachte der Kläger nicht als gleichwertig und erhob deshalb eine pauschalierte Schadensberechnung mit 1 % von 45.000 € pro Monat, insgesamt 17.100 € brutto nebst Zinsen.
Das Urteil
Das LAG Rheinland-Pfalz stellte in seinem Urteil fest, dass der Arbeitgeber eine originäre Vertragspflicht gehabt habe, nach Ablauf der Probezeit dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen, den dieser auch zu privaten Zwecken nutzen durfte.
Diese Vertragspflicht sei schuldhaft verletzt worden, was die Schadensersatzpflicht begründe.
Die Ablehnung der vom Arbeitgeber unterbreiteten Kfz-Vorschläge durch den Kläger sei dabei unbeachtlich, denn der Arbeitsvertrag habe die einseitige Pflicht des Arbeitgebers statuiert.
Dem Arbeitgeber sei die Dienstwagenüberlassung ohne notwendige Mitwirkung des Klägers auferlegt gewesen.
Der Kläger habe nach dem Vertrag auch kein Ablehnungs- oder Vetorecht gehabt.
Der Arbeitgeber hatte hinsichtlich der Schadensberechnung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG darauf verwiesen, dass der Kläger den gesamten Zeitraum seiner Beschäftigung hindurch über seinen eigenen Wagen verfügt habe.
Deshalb bestehe sein Schaden nicht abstrakt in dem entgangenen Gebrauchsvorteil eines Wagens bis zum Preis von 45.000 €.
Dem trat das LAG unter Hinweis auf die „Voraussetzung der Gleichwertigkeit“ entgegen:
Nur bei gleichwertiger Fahrzeugnutzung müsse sich der Geschädigte auf eine konkrete Schadensberechnung im Sinne des Ersatzes von tatsächlich erbrachten Aufwendungen (z.B. Wertverlust, Steuern, Versicherungen, Reparatur- und Wartungskosten, Treibstoff) verweisen lassen.
Im vorliegenden Fall fehle es unstreitig an der „Gleichwertigkeit“, die abstrakte Schadensberechnung des Klägers sei deshalb zutreffend.
Nur bei gleichwertiger Fahrzeugnutzung muss sich der Arbeitnehmer auf eine konkrete Schadensberechnung im Sinne des Ersatzes von tatsächlich erbrachten Aufwendungen wie zum Beispiel Wertverlust oder angefallene Kosten verweisen lassen.
Anmerkung
Im Arbeitsvertrag war eine Ausschlussfrist dergestalt vereinbart, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht würden.
Diese Klausel hat das LAG als unwirksam angesehen. Die Klausel verstoße gegen § 309 Nr. 13 b) BGB, da der Arbeitsvertrag nach dem 01.10.2016 geschlossen worden sei, also nach der Gesetzesänderung zum 01.10.2016, wonach eine strengere Form als die Textform (Kopie, Fax, E-Mail) unzulässig ist
Weiterführende Links
An dieser Stelle finden Sie das besprochene Urteil sowie weiterführende Links zu Rechtstexten.
Sie haben Fragen?
Unsere Fachanwälte stehen Ihnen mit langjähriger Erfahrung im Arbeitsrecht gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns!
- Nachweisbare Erfolge
- Erfahrung
- Stärke des Kanzlei-Teams
- Kostenbewusstsein