BAG-Urteil vom 03.04.2025, Aktenzeichen 2 AZR 156/24

Verstärkter Kündigungsschutz für Schwangere

Das BAG (Bundesarbeitsgericht) hatte am 03.04.2025 (Az. 2 AZR 156/24) über die verspätete Kündigungsschutzklage einer schwangeren Arbeitnehmerin und den Zeitpunkt der Kenntnis über die Schwangerschaft zu entscheiden.

Die Urteilsbesprechung übernimmt unser Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht, Kai Höppner.

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Fachanwalt
Kai Höppner

Datum

03.04.2025

Aktenzeichen

2 AZR 156/24

Gericht

Bundesarbeitsgericht (BAG)

Einordnung

Gemäß § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis gemäß § 1 KSchG dem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegt, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn er die Kündigung für sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen für unwirksam hält.

Diese Frist hatte die Klägerin in dem vom BAG am 03.04.2025 entschiedenen Fall versäumt. Sie hatte am 14.05.2022 ihre Kündigung erhalten und erst am 13.06.2022, also außerhalb der gesetzlichen dreiwöchigen Klagefrist, Kündigungsschutzklage bei Gericht eingereicht.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist die Klage auf Antrag aber nachträglich zuzulassen, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis erlangt.

Maßgeblich für den Fristbeginn zur Klagezulassung ist nicht der Selbsttest, sondern die ärztlich bestätigte Kenntnis der Schwangerschaft.

Der Sachverhalt

Im vorliegenden Fall erfuhr die Klägerin durch einen am 29.05.2022 durchgeführten Schwangerschaftstest, dass sie schwanger sei.

Am 17.06.2022, dem frühestmöglichen Termin bei ihrem Frauenarzt, erhielt die Klägerin die verbindliche (ärztliche) Bestätigung ihrer Schwangerschaft.

Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass die Kläger bereits mit dem positiven Schwangerschaftstest vom 29.05.2022 von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt habe.

Das Urteil

Dem traten das BAG wie auch die Vorinstanz entgegen. Nach Auffassung der Gerichte ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Schwangerschaft einwandfrei feststeht.

Das ist der Zeitpunkt der ärztlichen Untersuchung, hier also der 17.06.2022. Den von der Klägerin selbst mit positivem Ergebnis veranlassten Schwangerschaftstest hielt das BAG nicht für maßgeblich. Insoweit sei von „nicht zu vertretender“ Unkenntnis auszugehen.

Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist der Antrag auf nachträgliche Zulassung innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig.

Mit ihrer Kündigungsschutzklage vom 13.06.2022 hatte die Klägerin den Antrag auf nachträgliche Zulassung verbunden. Die zweiwöchige Zulassungsfrist war erst mit der ärztlichen Untersuchung vom 17.06.2022 in Lauf gesetzt worden.

Die Vorzeitigkeit des Zulassungsantrags war für die Fristwahrung unschädlich.

Die Vorzeitigkeit eines Zulassungsantrags ist unschädlich, wenn die eigentliche Frist noch nicht begonnen hat.

Unser Fazit

Mit der vom BAG vorgenommenen Auslegung genügt das bestehende System der §§ 4, 5 KSchG und des § 17 Abs. 1 Mutterschutzgesetz den Vorgaben der Richtlinie 92/85/EWG, wie sie der Gerichtshof der Europäischen Union in der Sache „Haus Jacobus“ (EuGH 27. Juni 2024 – C – 284 23 –) herausgearbeitet hat.

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